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Musik – Die heilende Kraft

30.11.2023

Musik hat heilende Kraft. Wer öfter singt, ein Instrument spielt oder einfach nur Musik hört, wird glücklicher und gesünder. 

Draußen ist es grau. Es regnet in Strömen. So viele Dinge müssen vor Weihnachten erledigt werden: Plätzchen backen, Geschenke kaufen, Essen vorbereiten, Karten schreiben. Fast als Übersprungshandlung fange ich an, „I‘m singin‘ in the rain“ zu singen. Das Lied aus dem gleichnamigen Musical kommt mir in Stresssituationen in den Kopf: Im Regen singen, die Wolken weglachen, die Sonne im Herzen tragen, darum geht es in dem berühmten Lied. Und nach den ersten laut gesungenen Zeilen geht es mir schon besser.

Ist es der Text, oder warum hebt Singen die Stimmung? „Musik wirkt auf Körper und Geist zugleich“, sagt Susanne Metzner, Leiterin des Studien- und Forschungsbereichs Musiktherapie der Universität Augsburg. „Wenn wir durch Musik angeregt werden, geht das auch manchmal in die Beine, wir beginnen zu wippen oder zu tanzen. Wenn wir von ihr abgelenkt oder gar getröstet werden, werden wir nicht nur ruhiger, auch unsere Gedanken ändern sich, Unangenehmes rückt in den Hintergrund“, sagt sie.

Im Leben verankert

Ab der 22. Schwangerschaftswoche sind schon ungeborene Babys hörende Wesen. Die Stimme der Mutter, ihr Herzschlag, das Pulsieren des Blutes sorgen schon im Mutterleib für Rhythmus und Takt. Musik bringt zum Lachen oder Weinen, beruhigt oder treibt an. Sie hilft beim Kochen, motiviert beim Joggen, entspannt auf der Couch. Sie ist aus dem Leben nicht wegzudenken, sie berührt und erfüllt. Es geschieht unbewusst, ein Lied spricht den emotionalen Teil des Gehirns an. Der Hörsinn ist eng mit dem limbischen System verknüpft, das zuständig für Gefühle ist. „Die durch Musik ausgelöste Ausschüttung der Botenstoffe Dopamin und Serotonin wirkt sich stimmungsaufhellend bis euphorisierend aus“, erklärt Gert Tuinmann, Musiktherapeut und Oberarzt der Medizinischen Klinik, Schwerpunkt Psychosomatik, der Berliner Charité. Musik aktiviert das Belohnungssystem und löst im Gehirn dieselben Effekte aus wie Essen, Sport, Sex oder Drogen.

Wirkung auf den Körper

Tatsächlich hat Musik messbare Wirkung auf Körper und Psyche. Anregende Musik erhöht das Adrenalin und steigert Herz- und Atemfrequenz, ruhige senkt den Blutdruck und das Stresshormon Cortisol. „Dancing Queen“ von der schwedischen Band Abba zum Beispiel steigert den Blutdruck, während Strauss, Mozart und sogar Heavy Metal ihn laut Studien senken. Und manche Lieder können Leben retten. So empfehlen Rettungsdienste in ihren Schulungen das Lied „Stayin‘ Alive“ von den Bee Gees als Rhythmus für eine Herzdruckmassage. Mit 103 Beats pro Minute liegt es etwas über dem normalen Herzschlag von 70 Schlägen pro Minute. Hat ein Lied mehr Beats pro Minute, wird es als anregend empfunden. Zum Joggen sind 120 Beats pro
Minute als motivierende Begleitmusik ideal.
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Einfluss auf die Psyche

Musik beeinflusst Emotionen, das ist eine ihrer stärksten Wirkungen. „Stille Nacht, heilige Nacht“: Wer gerät nicht sofort in Weihnachtsstimmung, wenn er das Lied hört? Denn die Gefühle, die ausgelöst werden, hängen von den Erfahrungen und damit verbundenen Erinnerungen ab. Es muss nicht immer fröhliche Musik sein. Bei trauriger Stimmung verbessert traurige Musik sogar das Wohlbefinden. Sie vermittelt das Gefühl, verstanden zu werden. „Musik wirkt häufig intensivierend, das heißt, vorhandene Emotionen werden stärker wahrgenommen“, sagt die Musiktherapeutin Metzner.

Die Macht der Klänge

Menschen in Altersheimen, die eine Stunde täglich ihre Lieblingsmusik hören, erkranken seltener an Depressionen, so eine Studie. Eine Musikveranstaltung wöchentlich führt zu mehr Zufriedenheit, weniger Ängsten, besserem Schlaf, so eine weitere Studie. Die emotionalisierende Wirkung hilft auch depressiven Patient*innen, deren Gefühlswelt erstarrt ist. Außerdem fördern musikalische Reize die Neuvernetzung der Nervenzellen und Areale im Gehirn. Bei Berufsmusikern zum Beispiel sind beide Hirnhälften stärker verbunden.

Die Medizin nutzt die Macht der Klänge bei der Behandlung von Frühchen, in der Psychiatrie, bei der Schmerztherapie, bei Schlaganfall und Alzheimer, bei psychosomatischen Krankheiten oder Operationen. Patient*innen, die vor, während und nach einer Operation Musik hören, brauchen weniger Schmerz- und Narkosemittel, „Die psychotherapeutische Wirkung von Musiktherapie, wird bei vielen psychiatrischen und psychosomatischen Krankheitsbildern intensiv beforscht, etwa bei Autismus, Depression, Schizophrenie, chronischen Schmerzstörungen, Krebs. Hier erhoffen wir uns auch langfristigere Wirkungen, weil Körper, Geist und Seele gleichzeitig angeregt werden, sodass grundlegendere Veränderungsprozesse in Gang gesetzt werden“, sagt Metzner. Musik aktiviere das Gedächtnis, weckt Erinnerungen an vergangene Momente, zum Beispiel bei Demenz oder Alzheimer, ergänzt Mediziner Tuinmann.

Musik macht es möglich, Gefühle auch ohne Sprache auszudrücken. Unaussprechliches findet so einen Ausdruck. Menschen, die sich sprachlich nicht gut ausdrücken können, etwa bei geminderter Intelligenz, erleben durch Musik Selbstwirksamkeit. „Musik wird in der Therapie gezielt eingesetzt, um die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu verändern oder die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern“, sagt Frauke Schwaiblmair, Musiktherapeutin, Psychologin und Vorstand der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft.

Musik als Erlebnis

„Singen spielt eine wichtige Rolle in der Musiktherapie. Dabei ist die Stimme der Mutter das erste Instrument, das wir hören“, sagt die Musiktherapeutin. Singen wirkt sich positiv auf das Herz- und Kreislaufsystem aus, verschiedene Muskeln werden aktiviert, die Atmung wird tiefer. Keine Hemmungen also beim Singen unter der Dusche! Die intensive Atmung führt dem Körper mehr Sauerstoff zu, das warme Wasser entspannt zusätzlich. Es kostet manche Menschen Überwindung zu singen, weil man ihnen gesagt hat, sie seien unmusikalisch und weil darum die Stimme nicht geübt ist. Im Gegensatz dazu müsse man Gitarre oder Klavier ja auch üben, ermutigt Metzner. Für sie ist Selbst-Musizieren oder Singen dem Musikhören überlegen. „Wenn Sie ein Chorstück anhören, dann atmen Sie nicht so tief, wie wenn Sie mitsingen, die Vibrationen Ihrer eigenen Stimme breiten sich nicht im Körper aus und beleben Sie, Sie konzentrieren sich nicht so sehr, und Sie erleben nicht diese besondere Art von Gemeinschaft“, sagt sie. Positive Effekte hat tatsächlich das gemeinsame Erleben. Mit anderen gemeinsam zu musizieren oder ein Konzert zu hören, stimuliert die Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin, das Vertrauen und Sympathie fördert.

Ob singen, ein Instrument spielen oder einfach nur Musik hören: Schon 15 Minuten täglich bewirken etwas. Auch wenn beim Singen oder Musizieren die Selbstwirksamkeit höher ist und mehr unterschiedliche Netzwerke aktiviert werden als beim reinen Zuhören, sieht Schwaiblmair von der Musiktherapeutischen Gesellschaft keine qualitativen Unterschiede. „Musik hören kann stark innerlich bewegen“, sagt sie. Tatsächlich tut beides gut. Mediziner Tuinmann hat in einer Studie mit onkologischen Patient*innen festgestellt, dass die Wirksamkeit der Musiktherapie bei denjenigen, die selbst musiziert haben, genauso gut war, wie bei jenen, die zugehört haben.

Autorin: Katrin Otto

 

Musik - Der Klang des Glaubens

Kirchenlieder, Konzerte, Choräle: Musik stärkt den Glauben und macht ihn lebendig. In ihr verbirgt sich die Friedensbotschaft der Weihnacht. 

Sanftes Geflüster in den Kirchenbänken, vorne schimmert der Altar im Kerzenlicht. Im Dom, vor dem Weihnachtskonzert, herrscht festliche Stimmung. Nachdem die Musikerinnen und Musiker Platz genommen haben, wird es für einen Moment andächtig still. Und dann, mit Wucht, durchschneiden erste Akkorde den Raum. Der gewaltige Klang von Pauken, Trompeten, Geigen, Klarinetten verschmilzt zu einem Jubelruf. Er steigt hoch, breitet sich aus, scheint alle Anwesenden zu umarmen. „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage“, stimmt der Chor ein.

Triumphalisch, geradezu ekstatisch beginnt das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach, das die Geschichte von der Geburt Jesu erzählt. Vor knapp drei Jahrhunderten entstanden, ergreift es die Menschen damals wie heute. Diese Musik verleiht Flügel, vertreibt die Dunkelheit aus den Seelen, stärkt den Glauben. Die Werke von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750), dessen erklärtes Ziel es war, Kirchenmusik zu Gottes Ehren zu komponieren, werden noch heute hoch geschätzt und weltweit aufgeführt.

Aber auch zeitgenössische Komponisten schaffen es, ein Gespür für Transzendenz zu wecken. Die Speyerer Kirchenmusikerin und Musikerzieherin Monika Keggenhoff (64) leitet seit vielen Jahren einen Laien-Chor, der sich auch an Schwieriges heranwagt. Etwa an das Weihnachtsstück des amerikanischen Komponisten Morten Lauridsen „O magnum mysterium“, das die Geburt Jesu auf eine völlig andere Weise musikalisch feiert als das Bachsche Oratorium. Der ätherische, geradezu engelhafte Gesang drückt eine stille Freude aus. „Da ist kein Pomp drin“, sagt die ausgebildete Sängerin Keggenhoff. Nach und nach weitet sich das Chorstück von Vier- zu Achtstimmigkeit aus. „Das macht es schwierig, aber auch faszinierend“, so die KDFB-Frau. Die Weihnachtsgeschichte, das große Geheimnis, entwickelt sich darin langsam und hinterlässt eine Empfindung tiefen Friedens.

Singen ist wie beten

Für Maria Wittmann, Musikerin aus Leidenschaft und ebenfalls KDFB-Frau, ist Frieden die wichtigste Botschaft von Weihnachten. Die 58-jährige Landwirtin aus dem niederbayerischen Ergoldsbach hat viele Jahre in Chören gesungen und Chöre geleitet, auch den KDFB-Chor vor Ort. Dabei hatte sie nie Gesangsunterricht. Ein Naturtalent eben. „Musik klingt durch mein ganzes Leben“, sagt Wittmann, die auch Akkordeon und Gitarre spielt. Seit sie mit zwölf Jahren in einem Weihnachtsgottesdienst die Rolle der Maria sang, sind Kirche und Musik für sie untrennbar verbunden. Die Lektüre der Bibel, die Predigt beim Gottesdienst, das alles sei wichtig, sagt sie, „aber die Musik ist es, die den Glauben zum Leben erweckt“. Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit sind viele empfänglich für die Glaubensbotschaft, beobachtet sie. Denn: „Menschen sehnen sich nach Frieden, nach der Wärme des Zusammenseins, nach Augenblicken der Freude.“

Das alles kann Musik bewirken. Vor allem dann, wenn man gemeinsam singt. Maria Wittmann singt zusammen mit ihrer Schwester und einer Freundin. Als „Kirchberger Sängerinnen“ begleiten die drei Frauen Menschen bei Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen. Im Advent gehen sie auf „Betlehemreise“, bieten Konzerte an, gestalten Adventfeiern – mit traditionellen, aber auch selbst komponierten Liedern. „Ein Stern so hell und klar“, „Es blühen die Maien“, „Maria durch den Dornwald ging“: Lieder wie diese wecken Erinnerungen an die Kindheit. „Da gehen die Menschen auf“, erzählt Wittmann. Ihr liegt es am Herzen, das alte Liedgut zu erhalten. Mit Sorge beobachtet sie, dass das Miteinandersingen schwindet. „Gemeinsam zu singen, ist wie gemeinsam zu beten“, sagt sie. Und welche Zeit eignet
sich dafür besser als Advent und Weihnachten? Maria Wittmann spürt, wie bei ihren Auftritten die Stimmung im Publikum wechselt. Wie die Unruhe weicht, die zu Anfang noch da war, und eine heitere Aufmerksamkeit einkehrt. Musik verwandelt, verbindet, schafft Gemeinschaft. Verzaubert von Klängen, begegnen sich Menschen auf Augenhöhe, unabhängig von Alter, Beruf, Herkunft. Schranken öffnen sich, Gräben verschwinden. Wunder geschehen.

Geheimnisvolle Kunst

Monika Keggenhoff, Musikerin in Speyer, spricht von Resonanz – nicht nur der akustischen, sondern auch der zwischenmenschlichen. Wenn ein Chor singt, entsteht eine Verbindung unter den Sängerinnen, aber auch zwischen dem Chor und dem Publikum. „Musik ist eine geheimnisvolle, eine flüchtige Kunst. Sie nimmt uns auf eine Reise mit“, sagt Keggenhoff. Im diesjährigen Adventskonzert führt sie mit ihrem Chor Weihnachtslieder aus aller Welt auf. So unterschiedlich die Sprachen, Rhythmen, Melodien sind, in allen diesen Liedern ist die Sehnsucht nach dem neugeborenen Kind spürbar, das der Welt den Frieden bringt. Eine Sehnsucht, die seit Jahrtausenden die Welt umspannt.

Tiefen Frieden erleben

Mit ihrer Frauenschola führt Monika Keggenhoff auch gregorianische Gesänge auf, uralte, einstimmig gesungene Gebete, Psalmen, Hymnen. Etwa den Adventshymnus „Veni, veni, Emmanuel“. „Ein Choral schwebt, befreit vom Rhythmus“, erklärt Keggenhoff, „gemeinsam heben wir Sängerinnen dabei ab“. Und wenn die Tontrauben, die sich über den einzelnen Wörtern häufen, sauber gesungen werden, entstehe im Raum, etwa im Dom, eine Mehrstimmigkeit, obwohl der Gesang einstimmig ist. Es ist eine geistliche Musik, die sich auch von der Zeit loslöst und die Anwesenden einen tiefen Frieden erleben lässt. Den Frieden der Weihnacht.

„Wir Musikerinnen sind Botschafterinnen des Glaubens. Wir verkündigen das Wort Gottes, indem wir unmittelbar die Gefühle anrühren“, sagt Monika Keggenhoff. Das sieht auch Maria Wittmann so: „Wir geben die Botschaft weiter, wie wir sie selbst erleben.“ Die Friedensbotschaft von Weihnachten ist für sie nicht nur auf die festlichen Tage beschränkt: „ Sie begleitet uns weit darüber hinaus und gibt uns Hoffnung für das ganze Jahr!“

Autorin: Maria Sileny

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