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Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

02.02.2023

Frauenbundfrau Ulrike Scharf ist seit einem Jahr Bayerns Sozialministerin. Mit KDFB engagiert spricht sie über Lohngerechtigkeit, Gleichberechtigung und die Bedeutung von Ehrenamt.

Frau Scharf, bis 2018 waren Sie bayerische Umweltministerin. Dann kam überraschend der Rausschmiss aus dem Kabinett Söder. Wie haben Sie das verarbeitet?

Ich war damals schon ziemlich verletzt, das sage ich offen. Aber ich habe mich nicht zurückgezogen, sondern weitergearbeitet und mich für die Dinge eingesetzt, die mir wichtig sind.

Was ist Ihnen aktuell wichtig?

Die Sorgen der Menschen wachsen. Das merkt man in allen Begegnungen und Gesprächen. Mir ist der soziale Zusammenhalt wichtig, dass trotz aller Krisen und schlechter Nachrichten das Gemeinsame nicht auf der Strecke bleibt. Auch die Lohnfrage ist mir persönlich ein großes Anliegen. Der jährliche Equal Pay Day sendet ein entscheidendes Signal. Wichtig ist, das Thema mit Nachdruck zu verfolgen und in den Fokus zu rücken. Wir brauchen eine gleichberechtigte Arbeitswelt. Es ist ungerecht, wenn Frauen schlechter bezahlt werden.

Der Equal Pay Day am 7. März macht auf ungleiche Lohnzahlung aufmerksam. Was muss sich verändern, damit Equal Pay realisiert wird?

Seit dem ersten Equal Pay Day am 5. März 2011 hat sich einiges verändert, dennoch sind wir immer noch zu weit entfernt von einer gleichberechtigten Arbeitswelt. Diese Ungerechtigkeit kann ich nicht akzeptieren! Es muss ein gesamtgesellschaftlicher Wandel erfolgen. Wir müssen alte Rollenbilder endgültig überwinden. Für gleiche Arbeit muss der gleiche Lohn gezahlt werden – unabhängig vom Geschlecht.

Hilft Ihr Vorschlag eines zwölf Stunden-Arbeitstags und einer 48-Stunden-Woche, alte Rollenbilder aufzulösen? Wie ist das mit Familie vereinbar?

Ein Schlüssel gegen den Fachkräftemangel liegt in der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Die Menschen sollen nicht mehr arbeiten, sondern nur flexibler einteilen können, wann sie arbeiten. Viele Menschen wünschen sich weniger starre Grenzen innerhalb der geregelten Wochenarbeitszeit. Außerdem haben wir eine ganze Reihe von Maßnahmen, die bereits gegen den Fachkräftemangel wirken und deren Ergebnisse sich schon jetzt zum Beispiel in der Kindertagesbetreuung sehen lassen können. Die Zahl der Beschäftigten in den Kitas hat sich seit 2011 um rund 73 Prozent gesteigert.

Stichwort Fachkräftemangel: Wie stehen Sie zur Einführung eines sozialen Pflichtjahres?

Gemeinsinn in unserer Gesellschaft zu stärken, ist eine wichtige Aufgabe. Aber das als Pflicht zu formulieren, halte ich nicht für zielführend. Jede und jeder soll sich nach seinen eigenen Wünschen, Talenten und Vorstellungen einbringen können. Motivation und Begeisterung vermitteln, wie bereichernd es ist, für andere etwas tun zu können. Das Ehrenamt spielt dabei eine zentrale Rolle.

Sie waren selbst ehrenamtlich acht Jahre Vorsitzende der Wasserwacht. Wie kam es dazu?

Ohne das Ehrenamt funktioniert unsere Gesellschaft nicht. Im Ehrenamt spüren wir den Herzschlag unseres Sozialstaates. Gerade am Beispiel der Wasserwacht sehen wir, welch großartige Arbeit allerorts geleistet wird. Als Schirmherrin der Aktion „Ab ins Wasser mit Loti“ unterstütze ich die Wasserwacht weiter. Jedes Kind in Bayern soll schwimmen lernen!

Und, falls weiblich, am besten später in die Politik gehen. Sie sind seit über drei Jahren Vorsitzende der Frauen-Union in der CSU. Was muss sich für Frauen in der Politik dringend ändern?

Die Hälfte der Menschen in Bayern sind Frauen. In meiner Partei sind nur 22 Prozent der Mitglieder weiblich. Auch wenn wir schon gute Schritte vorangekommen sind, ist das zu wenig. Insbesondere Führungspositionen, Spitzenämter und Mandate sind nach wie vor von Männern dominiert. Die so oft beschriebene gläserne Decke ist noch nicht überwunden. Um diese schnellstmöglich zu durchbrechen, brauchen wir Quoten! Auf Bezirks- und Landesebene haben sich diese bereits bewährt. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden wir für eine Ausweitung kämpfen. Unser großes Ziel, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in der Politik, verfolge ich, gemeinsam mit all unseren engagierten Politikmacherinnen in ganz Bayern, aus tiefer Überzeugung und mit ganzer Kraft.

Machen Frauen anders Politik als Männer?

Es tut einer Demokratie gut, wenn sich Männer und Frauen gleichermaßen politisch beteiligen und in Führungspositionen sind. Das gilt in der Politik, aber auch in der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, Kultur, Sport oder in den Medien. Deswegen ist es wichtig, dass wir tradierte Rollenbilder auflösen, zum Beispiel indem wir von der geschlechtsspezifischen Berufswahl wegkommen, mehr Führungspositionen mit Frauen besetzen und Teilzeitbeschäftigung und Sorgearbeit auch für Männer normal machen.

Mehr zu den Equal Pay-Aktivitäten des Frauenbunds finden Sie hier.

Interview: Katrin Otto

 

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist ein unabhängiger Frauenverband mit bundesweit 145.000 Mitgliedern. Seit der Gründung 1903 setzt er sich für Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein.
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