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Katholische Verbände und Kirche gegen Liberalisierung des Abtreibungsparagrafen 218

17.04.2024

Vertreter der katholischen Kirchen reagieren mit scharfer Kritik auf die aktuell vorgelegten Vorschläge einer von der Regierung eingesetzten Kommission zur Reform des Abtreibungsrechts. Die Expertenkommission empfiehlt, Abtreibungen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen zu erlauben. Die Kommission unterteilt die Schwangerschaft in drei Phasen: Demnach empfiehlt das Gremium, eine Abtreibung in der Frühphase, den ersten zwölf Wochen, in jedem Fall straffrei zu stellen und als rechtmäßig zu kennzeichnen. Es obliege dem Gesetzgeber, das mit einer Beratungspflicht zu verbinden. In der mittleren Phase, bis zur 22. Woche, könne der Gesetzgeber entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Abbruch strafffrei sein solle. Ab der 22. Woche sei der Abbruch rechtswidrig. Eine Abtreibung ist derzeit in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleibt jedoch strafffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird und die schwangere Frau sich zuvor beraten lässt. Dass Abtreibungen als grundsätzlich rechtswidrig betrachtet würden, sei zumindest in der Frühphase der Schwangerschaft nicht mehr haltbar, erklärte die Juristin Liane Wörner, die die entsprechende Arbeitsgruppe innerhalb der Kommission leitete. Die aktuellen Regelungen im Strafgesetzbuch hielten einer verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung nicht stand.

Deutsche Bischofskonferenz: Grundrecht auf Leben

Die Deutsche Bischofskonferenz kritisierte insbesondere, dass die Kommission die Meinung vertrete, dass ein Kind ein vollwertes Lebensrecht erst mit der Geburt erlange. Die Empfehlungen beruhten auf der Annahme, dass ein ungeborene Kind noch nicht im Besitz der vollen Menschenwürde sei, erklärte der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Er sprach von einer Relativierung der fundamentalen Würde jedes Menschen, auch des ungeborenen Kindes. Eine solche Einschränkung oder Abstufung des damit verbundenen Grundrechts auf Leben halten wir für falsch, betonte Bätzing. Zudem widerspreche die Kommission damit zentralen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht gehe von einem vollwertigen Lebensschutz des ungeborenen Kindes ab dem Zeitpunkt der Einnistung der befruchteten Eizelle aus.

Auch die weiteren Empfehlungen – die Aufhebung des Verbots der Eizellspende sowie die Zulassung der nichtkommerziellen Leihmutterschaft -, kritisierte die Bischofskonferenz. Die Praxis der Leihmutterschaft verletze die Würde der Frau und des Kindes. Auch die Kommission selbst sehe das hohe Risiko, dass bei der Durchführung einer Leihmutterschaft Rechte der beteiligten Personen verletzt würden.

ZdK und Caritas gegen Reform

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, betonte, den Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase zu legalisieren, würde das Ende eines klaren Lebensschutzkonzepts bedeuten. Menschliche Würde bestehe von Anfang an, so Stetter-Karp. Aus Sicht des ZdK sei eine Fristenlösung von daher nicht akzeptabel. Insgesamt sei sie irritiert, dass ohne Not an den Pfeilern des Paragrafen 218 gesägt werde. Die Caritas erklärte, die Vorschläge der Kommission seien polarisierend und lebensfremd. Sie versuchten, den Schwangerschaftskonflikt einseitig aufzulösen, indem für das ungeborene Kind nur ein eingeschränkter und dazu willkürlich gestufter Schutz seiner Menschenwürde angenommen werde, kritisierte Präsidentin Eva Maria Welskop-Defaa. In einer Zeit, in der Schwangere vom ersten Ultraschall an das Herz ihres Babys auf dem Monitor schlagen sehen, widerspreche es nicht nur ethischen Grundsätzen, sondern der lebensweltlichen Erfahrung, dem Embryo den Menschenrechtsschutz vorzuenthalten, ergänzt sie. Das passe einfach nicht zusammen.

KDFB und kfd warnen vor Abstufung des Lebensrechts

Auch der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) warnte vor dem von der Kommission angedachten Modell eines abgestuften Lebensrechtes. Es würde den Beginn des Lebens abhängig vom Wunsch nach einer Schwangerschaft definieren und somit Abstufungen bei der Würde des Menschen vornehmen, erklärte Vizepräsidentin Monika Arzberger. Positiv sei die Forderung der Kommission, die Versorgungslage schwangerer Frauen zu verbessern. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) forderte insbesondere eine umfassende und ergebnisoffene verpflichtende Beratung sowie eine konkrete Unterstützung von Frauen in Schwangerschaftskonfliktsituationen. Der Schutz des ungeborenen menschlichen Lebens sei nur mit der Mutter und nur in Abhängigkeit von ihrer Entscheidung möglich.

Paritätischer Wohlfahrtsverband: Ende der Stigmatisierung

Dagegen begrüßte der Paritätische Wohlfahrtsverband die Empfehlungen als wichtigen Meilenstein. Eine Verortung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts würde endlich die Stigmatisierung beenden, der ungewollt Schwangere bisher ausgesetzt seien. Die Bundesregierung müsse nun die Empfehlungen schnellstmöglich umsetzen.

Auch der Verband Pro Familia begrüßt die Empfehlungen. Er wirbt dafür, die daraus resultierenden Gestaltungsspielräume für die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs umfassend zu nutzen.

Zurückhaltend äußerte sich die evangelische Kirche. Sie habe dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt. In einer Anhörung hatte sie allerdings auch ein abgestuftes Lebensschutzkonzept für den Embryo vertreten. Die evangelische Kirche erklärte, sie könne sich eine Regelung außerhalb des Strafrechts vorstellen; denkbar sei eine Stufenregelung je nach Dauer der Schwangerschaft. 

ko/epd/kna

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist ein unabhängiger Frauenverband mit bundesweit 145.000 Mitgliedern. Seit der Gründung 1903 setzt er sich für Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein.
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