Nur Mut! Stimmen engagierter KDFB-Frauen
„Konsequenterweise muss man Frauen entweder zu allen Ämtern der Kirche zulassen oder aber aufhören, sie zu taufen.“
Judith Müller ist promovierte Theologin und Leiterin des Fachbereichs Kirchliche Organisationsberatung / Gemeindeberatung im Erzischöflichen Ordinariat München.
Wenn ein Kind in der Taufe mit Chrisamöl gesalbt wird, heißt es, dass es von nun an zu Jesus Christus gehört – dem Priester, König und Propheten. Das Kind selbst, ob Junge oder Mädchen, erhält durch die Salbung diese Würden Christi und damit einen Anteil am Priestertum aller Gläubigen. Daran erinnert die promovierte Theologin Judith Müller, wenn sie von Ämtern in der Kirche spricht. Aus ihrer Sicht ist die klassische Begründung, die Frauen vom Priesteramt ausschließt, unhaltbar. Und die heißt: Weil ein Priester am Altar in der Person Jesu Christi handelt, dieser aber ein Mann war, kann eine Frau diese Rolle nicht übernehmen. Traditionell wurde argumentiert, Jesus habe mit den Worten „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ beim Abendmahl die Eucharistie eingesetzt und ebenso die Priesterweihe. Da die dabei anwesenden zwölf Apostel Männer waren, konnten Frauen nicht mitgemeint sein. „Wieso aber dürfen Frauen dann zur Kommunion gehen?“, fragt Müller. Man müsste sie auch davon ausschließen, wenn schon so argumentiert werde. Sie spricht von einem theologischen Sprachspiel, das ein bestimmtes Muster von Argumentation nutzt.
„Das Mannsein Jesu war in der Theologie nie ein nennenswertes Thema. Sondern sein Menschsein.“
Unpassendes wird ausgeblendet. Judith Müller aber spielt anders. Sie sagt: „Das Mannsein Jesu war in der Theologie nie ein nennenswertes Thema. Sondern sein Menschsein.“ In der Erlösungslehre gelte als entscheidendes Argument: Was nicht angenommen ist, kann nicht erlöst sein. Weil Jesus Christus Mensch wurde, hat er die Menschen erlöst, heißt es. „Wäre er nur Mann geworden, müsste man ernsthaft in Zweifel ziehen, ob Frauen denn erlöst sind“, gibt Müller zu Bedenken. Das Argument, nur ein Mann kann in der Person Christi handeln, erzeugt theologische Unstimmigkeiten. So können Laien in einer Notsituation das Sakrament der Taufe spenden, also auch Frauen. „Wenn aber eine Frau in der Not tauft, handelt sie in der Person Christi“, sagt Müller und fasst zusammen: „Konsequenterweise muss man Frauen entweder zu allen Ämtern der Kirche zulassen oder aber aufhören, sie zu taufen.“ Im derzeitigen Ringen um Reform gehe es laut Müller nicht um die Frauenfrage allein. „Die Kerze brennt an zwei Enden“, sagt sie: „Es hilft der Kirche wenig, wenn Frauen in das klerikal geprägte, alles dominierende Priesteramt einrücken.“ Das Amt müsse neu gedacht werden, schließlich gehe es um das Wohl der Gemeinden. „Die Notwendigkeit des Wandels ist erkannt“, sagt Müller. Das gibt ihr Hoffnung. Sie weiß aber auch: „Es braucht einen langen Atem.“
„Wir müssen etwas machen, ansonsten sind die jungen Frauen und mit ihnen auch ihre Kinder weg.“
Edeltraud Hann ist Vorsitzende des KDFB-Diözesanverbands Würzburg.
Sie ist eine Frau der Tat: Edeltraud Hann, Vorsitzende des Frauenbunds in Würzburg, setzt sich für eine Kirche ein, „in der unsere Kinder und Enkelkinder eine Heimat finden können“, wie sie sagt. Die Zeit drängt. Ihr, der zweifachen Mutter und dreifachen Großmutter, tut es weh zu sehen, wie sich junge Frauen mit ihren Familien von der Kirche abwenden. Im Taufkreis der unterfränkischen Gemeinde Mömlingen erlebt sie, dass Eltern zwar ihre Kinder taufen lassen, doch die Kirche als solche interessiert sie wenig. Statt den Sonntagsgottesdienst zu besuchen, wollen sie lieber ihre Familienzeit genießen. „Wir müssen etwas machen“, sagt Edeltraud Hann voller Sorge, „ansonsten sind die jungen Frauen und mit ihnen auch ihre Kinder einfach weg.“
Es geht ihr um die Zukunft und um eine Kirche, die niemanden ausgrenzt
Die 64-Jährige schlägt Alarm und der Frauenbund unterstützt sie dabei. Im Mai 2019 stand sie vor dem Neumünster in Würzburg, neben ihr Bischof Franz Jung, der das Gespräch suchte, hinter ihr junge Frauen mit Transparenten, die zu einer Erneuerung der Kirche aufriefen. Eine Mahnwache war es, die Geschlechtergerechtigkeit und den Zugang zu Weiheämtern für Frauen forderte, wie Hann erzählt. Ganz im Sinne von Maria 2.0 – einer Initiative von katholischen Frauen, die 2019 im westfälischen Münster entstand, um Kirchenreformen einzufordern. Die Nachricht von der Aktion hat sich über Facebook schnell verbreitet. Die Presse und das Domradio trugen das Anliegen weiter. Es sei wichtig, Öffentlichkeit zu erzeugen, sagt Hann. Für sich selbst engagiert sie sich nicht. Es geht ihr um die Zukunft, um eine offene Kirche, die niemanden ausgrenzt – weder Frauen noch Homosexuelle oder wiederverheiratete Geschiedene. Eine Kirche, wie Jesus sie gewollt hätte, das ist ihre Vision.
Auch bittere Erfahrungen halten sie nicht vom Engagement ab
Dafür nimmt sie auch bittere Erfahrungen auf sich – von massiver Kritik bis hin zu Konflikten, die schwer zu kitten sind. Etwa der in der 1 000-Seelen-Gemeinde Forst bei Schweinfurt in Unterfranken. In der dortigen Kirche haben Frauen im Mai 2019 einer Marienstatue einen weißen Schal umgelegt – sehr zum Unmut des Pfarrers, der die Aktivistinnen kurzerhand der Kirche verwies. Der Versuch der Frauen, symbolhaft auf die Anliegen der Bewegung Maria 2.0 hinzuweisen, spaltet noch heute die Gemeinde: „Manche solidarisieren sich, andere sind empört“, sagt Hann. Sie selbst bekomme anonyme Hassbriefe. Doch ans Aufgeben denkt sie nicht: „Wenn wir abwarten würden, bis etwas in den oberen Etagen passiert, würde sich die Kirche nie bewegen“, sagt sie.
„An den Frauen kommt jetzt niemand vorbei.“
Jutta Mader ist promovierte Theologin und Krankenhausseelsorgerin.
Eine Kraft war im Raum, als im September 2020 sechzehn Frauen im Franziskanerinnenkloster Waldbreitbach zusammenkamen, um an der Fortbildung „Diakonische Leitungsdienste für Frauen in der Kirche“ teilzunehmen. Zum dritten Mal seit der Jahrtausendwende bietet das „Netzwerk Diakonat der Frau“ einen dreijährigen Kurs an. KDFB-Frau Jutta Mader, promovierte Theologin und Krankenhausseelsorgerin, ist eine der Organisatorinnen. Sie erzählt von der Kraft, die alle Anwesenden „berührt, gestärkt und überrascht hat“. Die Teilnehmerinnen nehmen eine Ausbildung auf sich, die sie für einen Dienst in der Kirche befähigt, für den sie derzeit nicht offiziell beauftragt werden können – weil sie Frauen sind. Dabei sind alle diese Frauen längst diakonisch tätig, betont Jutta Mader: „Aus der christlichen Haltung der Nächstenliebe heraus sind sie für Arme, Bedrängte, Kranke da. Sie stärken, helfen, richten auf.“
„Erkennt den Schatz, den ihr in diesen Frauen habt!“
Jutta Mader, die in der Nähe von Koblenz als Krankenhausseelsorgerin wirkt, fühlt selbst die Berufung zu geweihter Diakonin nicht. Sehr wohl möchte sie aber dazu beitragen, dass das Amt des Ständigen Diakonats, das nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil für Männer geschaffen wurde, auch für Frauen geöffnet wird. Mit Leidenschaft appelliert sie an kirchliche Entscheidungsträger: „Erkennt den Schatz, den ihr in diesen Frauen habt, indem ihr sie weiht, sie sichtbar macht und sie als Kirche zu den Menschen sendet! Würdigt ihr christliches Engagement und ihre Kompetenz durch eine Weihe!“ Trotz Zurückweisungen brenne in diesen Frauen eine Liebe zu der Botschaft und zu den Menschen. „Diesen Spagat halten sie schon lange aus. Dass sie standhaft bleiben und sich weiter engagieren, ist aller Ehren wert“, sagt Mader. Neben einer profunden Ausbildung mit hochkarätigen Referenten und Referentinnen erleben die Frauen im Kurs nun, dass ihre Berufung geschätzt wird. Als Gruppe erfahren sie auch, dass sie nicht alleine sind auf ihrem Weg. „Im Miteinander aufgehoben sein“ nennt es Jutta Mader. Zudem seien die Zeichen der Zeit günstig: „Gerade jetzt, da der Synodale Weg stattfindet, nimmt die Öffentlichkeit das Anliegen der Frauen verstärkt wahr. Sie zeigen sich und ermutigen sich gegenseitig. Frauenverbände fordern die Weihe schon seit Jahrzehnten und noch einmal deutlich in der letzten Zeit. An den Frauen kommt jetzt niemand vorbei“, ist Jutta Mader überzeugt.
„Wir dürfen nicht müde werden in unserem Engagement.“
Die Benediktinerin Philippa Rath ist Delegierte beim Synodalen Weg der Kirche.
„Weil Gott es so will“ – so lautet der Titel eines Buches, das Schwester Philippa Rath im Herder Verlag herausgebracht hat. Darin lässt die Benediktinerin 150 Frauen zu Wort kommen, die sich zur Priesterin oder Diakonin berufen wissen. Philippa Rath, die als Delegierte beim Synodalen Weg im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ mitwirkt, antwortet mit dem Buch auf Äußerungen mancher Bischöfe, demnach es nur ganz wenige wirklich berufene Frauen gebe.
Die Benediktinerin will einen Bewusstseinswandel anstoßen
Die Benediktinerin nimmt sich beherzt der Frauensache an, will zum Umdenken anregen und einen Bewusstseinswandel anstoßen. Denn sie ist überzeugt, dass die Kirche es sich in ihrer derzeitigen Krise immer weniger leisten kann, das Potential der Frauen zu ignorieren. Philippa Rath spricht gar von einer „ungeheuren Charismen- und Ressourcenverschwendung“. Sie möchte, dass die Kirche weltweit eine Vorreiterrolle in Sachen Gleichberechtigung einnimmt anstatt den gesellschaftlichen Entwicklungen nur ein weiteres Mal hinterher zu laufen. Das Ziel bleibt für sie klar: Frauen sollten Zugang zu allen Ämtern und Diensten der Kirche erhalten. Sie weiß aber auch, dass noch ein steiniger Weg zu gehen ist bis hin zu einer geschlechtergerechten Kirche.
Zwar begegnet sie in synodalen Gesprächen vielen Amtsträgern, die offen sind und sich für Reformen engagieren, andererseits aber auch solchen, die um jeden Preis am Althergebrachten festhalten wollen. Mit immer gleichen, längst widerlegten theologischen Argumenten werde von diesen versucht, jede Diskussion im Keim zu ersticken. Dabei sei es gerade Aufgabe der Arbeitsgruppe des Frauenforums, in der Schwester Philippa mitarbeitet, nach neuen Möglichkeiten der Teilhabe von Frauen in der Kirche zu suchen und dabei, ohne Scheren im Kopf, auch Visionen zu entwickeln.
„Dieser Geisteskraft darf sich die Kirche nicht länger berauben“
Was für sie überraschend war, sind die Erkenntnisse einer anderen Arbeitsgruppe, die sich auf die Suche gemacht hat nach dem, was bereits heute an Mitwirkungsmöglichkeiten für Frauen möglich wäre. Das geltende Kirchenrecht ließe einiges zu, was jedoch kaum oder nur sehr wenig und zögerlich genutzt werde. So könnten Pastoralreferentinnen zum Beispiel Gemeinden leiten, was derzeit – im Gegensatz zur benachbarten Schweiz – nur in ganz wenigen deutschen Bistümern Realität sei. Es spreche auch nichts dagegen, aber vieles dafür, dass etwa in Generalvikariaten oder den Kommissionen der Deutschen Bischofskonferenz, in Universitäten und Verbänden, wesentlich mehr Frauen Verantwortung übernehmen. Sogar in ein Domkapitel könnten Frauen berufen werden.
Eine entscheidende Zukunftsvision für mehr Teilhabe von Frauen in der Liturgie und in sakramentalen Feiern wäre aber vor allem: im Gottesdienst predigen, die Krankensalbung spenden, Tauffeiern vorstehen, bei der Eheschließung assistieren. Und warum sollte es zum Beispiel Ordensfrauen nicht möglich sein, eine Lossprechung von den Sünden zu erteilen, nachdem sie im klösterlichen Sprechzimmer Lebensbeichten angehört haben? „Wir müssen Schritt für Schritt um mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche ringen und dürfen nicht müde werden in unserem Engagement“, sagt Schwester Philippa. Denn: „Es gibt so viele berufene, kompetente, gut ausgebildete, engagierte Frauen. Dieser Geistkraft darf sich die Kirche nicht länger berauben!“
Zum Weiterlesen: Philippa Rath (Hg.): Weil Gott es so will. Frauen erzählen von ihrer Berufung zur Diakonin und Priesterin, Herder, 2021, 25 Euro.
„Pfarrer und Kaplan könnten die Aufgabe alleine nicht stemmen.“
Barbara Dill, Verwaltungsbetriebswirtin, wirkt als Wortgottesdienstbeauftragte in Unterfranken.
Wenn Barbara Dill einen Wortgottesdienst leitet, passiert es schon mal, dass nach ihrer Predigt spontaner Beifall aufbraust. Mit Herz und Seele engagiert sich die Betriebswirtin in der Pfarreiengemeinschaft Dettelbach in Unterfranken. Die KDFB-Frau ist eine von neun Wortgottesdienstbeauftragten in dem neun Kirchen zählenden Verband. Ohne dieses Team, das mehrheitlich aus Frauen besteht, müssten dortige Gläubige vielfach auf Sonntagsgottesdienste verzichten. Denn der Pfarrer und der Kaplan könnten die Aufgabe alleine nicht stemmen. Weil aber Barbara Dill und ihre Mitstreiter*innen keine Eucharistie feiern dürfen, gibt es sonntags häufiger Wortgottesdienste in Dettelbach und Umgebung.
Sie bezieht die Anwesenden beim Gottesdienst mit ein
Barbara Dill nutzt alle Gestaltungsmöglichkeiten, die ihr das Kirchenrecht gibt. Sie überlegt sich jeweils ein Thema – nach dem Evangelium, der Jahreszeit, dem oder der Tagesheiligen – und fährt in eine der Gemeinden. Je nach Bedarf. Beim Gottesdienst ist es ihr wichtig, die Anwesenden mit einzubeziehen. Sie spricht die Menschen direkt an, lässt sie nach vorne kommen, Fürbitten halten, aus dem Evangelium lesen, singen, Gitarre spielen. Und wenn sie dann in wache Gesichter blickt und merkt, ein Funke springt über, fühlt sie sich gestärkt.
Barbara Dill ist eine bodenständige Frau. Sie ist in einem „Drei-Frauen-Haushalt“ aufgewachsen – mit Mutter und Großmutter. „Wir Frauen haben alles alleine gemacht, darum bin ich es gewohnt, mit anzupacken“, erzählt sie.
„Recht lässt sich ändern“
Schon als Jugendliche saß sie im Pfarrgemeinderat, später übernahm sie als eine der ersten Frauen im Bistum Würzburg das Amt der Kirchenpflegerin – in der Dettelbacher Pfarrei St. Augustinus. Damals, vor zehn Jahren, musste die dortige Kirche umgebaut werden. Als Zuständige für die Finanzierung fuhr Dill mit dem Pfarrer zu Verhandlungen ins Ordinariat. Dort wurde sie, die den millionenschweren Umbau organisierte, für die Pfarrhaushälterin gehalten. Erst als die Herren erstaunt merkten, dass sie vom Fach ist, kam die Anerkennung. Jetzt, wenn Barbara Dill Gottesdienste leitet, darf sie Ansprachen halten, Kommunion aus dem Tabernakel verteilen, aber Eucharistie feiern darf sie nicht. Das Kirchenrecht verbietet es. Zum Nachteil der Gemeinde. Doch Dill weiß auch: „Recht lässt sich ändern.“ Immerhin arbeitet sie in der Verwaltung. „Es ist an der Zeit, Frauen den Zugang zu kirchlichen Ämtern zu gewähren. Damit die kommenden Generationen Freude und Gemeinschaft in unserer Kirche erleben“, sagt sie.
„Ich wünsche mir eine einladende, mutige Kirche, die niemanden ausschließt.“
Die Theologin Susanne Schneider ist Missionarin Christi und Mitbegründerin der Initiative „Ordensfrauen für Menschenwürde“.
Das gab es früher nicht: katholische Ordensfrauen, die mit Transparenten auf der Straße stehen und gegen unzeitgemäße Strukturen in der eigenen Kirche protestieren. Empört über den Missbrauchsskandal wagen sich auch diejenigen Frauen vor, die sich traditionell der Demut und dem Gehorsam verpflichtet haben. Eine von ihnen ist die Münchner Missionarin Christi Susanne Schneider. Vor knapp drei Jahren hat sie die Initiative „Ordensfrauen für Menschenwürde“ mitbegründet, die Schwestern aus verschiedenen katholischen Orden vereinigt. Gemeinsam setzen sie sich unter anderem für eine Öffnung aller kirchlichen Ämter für Frauen ein. Würden Männer und Frauen miteinander die Kirche gestalten und leiten, hätte die Kirche ein gerechteres Gesicht – so wie es Jesus wollte, davon ist die Theologin überzeugt. Die vielen Missbrauchsfälle, die in den letzten zehn Jahren in Deutschland publik wurden, sind für die Ordensfrauen ein deutliches Zeichen, dass in ihrer Kirche etwas nicht stimmt. Auch Ordensfrauen sind Missbrauchsopfer, etliche Fälle sind dokumentiert. Schwester Susanne spricht nicht nur vom sexuellen, sondern auch vom spirituellen Machtmissbrauch: „Amtsträger schreiben Frauen vor, wie sie zu denken oder ihre Spiritualität zu leben haben. Frauen fügen sich und entfremden sich dabei ihrem eigenen Inneren.“
Auch die Schwestern mussten Ostern ohne Eucharistie feiern
Die besondere Lage zu Ostern im letzten Jahr hat die „Ordensfrauen für Menschenwürde“ noch einmal darin bekräftigt, mehr Vollmachten für Frauen anzustreben. Denn mitten in der Corona-Krise konnten zum Hochfest der Christenheit Eucharistiefeiern nur online besucht werden. Es durfte auch kein Priester die Schwestern besuchen. Also beschlossen sie notgedrungen, eigens gestaltete Wortgottesdienste zu feiern, mit einer Agape, bei der sie, wie die Urchristen, Brot und Wein gemeinsam segneten und teilten. Dabei handelten sie ganz im Rahmen des geltenden Kirchenrechts, wie Schwester Susanne betont. Und doch stellte sich dabei dringender denn je die Frage, warum eine Frau nicht einer Eucharistie vorstehen kann. Schmerzhaft wurde den Schwestern bewusst, dass es in der katholischen Kirche häufig vor allem darum geht, Rituale gültig und rechtlich einwandfrei zu gestalten, berichtet Susanne Schneider. „Dabei geht es doch um Gemeinschaft mit Gott und untereinander“, sagt sie. Zusammen mit ihren Mitschwestern wünscht sie sich deswegen eine Kirche, „die sich mehr nach dem Evangelium ausrichtet. Eine einladende, mutige Kirche, die niemanden ausschließt, sondern die Menschen in ihrer Verschiedenheit aufnimmt“. Dafür engagiert sie sich.
Autorin: Maria Sileny
aus: KDFB engagiert 1/2021