Menü

Glaube

Dorothee Sandherr-Klemp, Geistliche Beirätin des KDFB-Bundesverbandes, Foto: privat

25.02.2019

Dorothee Sandherr-Klemp ist die Geistliche Beirätin des KDFB-Bundesverbandes. Es begeistert sie, dass der Glaube im Frauenbund so lebendig gefeiert wird.

KDFB Engagiert: Die Bindung an die katholische Kirche bröckelt. Ist das beim Frauenbund auch so?
Sandherr-Klemp: Wir Frauen des Frauenbundes sind sehr bewusste „Remainers“! Wir wollen bleiben. Wir bilden Kirche, wir machen sie sichtbar, erfahrbar, erlebbar: Die Zukunft von Glauben ist uns nicht gleichgültig. Aber gerade weil uns der Glaube wichtig ist, brauchen wir kritisches Urteilsvermögen im Blick auf die verfasste Kirche: Massiver Machtmissbrauch durchzieht die Geschichte der Kirche bis in unsere Gegenwart hinein. Und falsch verstandene Loyalität hat fatale Auswirkungen, das wissen wir alle. Auch deshalb dürfen wir uns das Wahrnehmen, Urteilen und Handeln nicht abnehmen lassen! Wir wollen bleiben, aber nicht in der Enge einer Sekte, sondern in der Freiheit des Glaubens.

KDFB Engagiert: Wie erleben Sie den gemeinsam gelebten Glauben im Frauenbund?
Sandherr-Klemp: Als etwas Vitales – und bemerkenswert Vielfältiges! Der christliche Glaube ist ein starker Untergrund! Ich erlebe den Frauenbund auf all seinen Ebenen als tief verwurzelt im Christlichen: gefestigt in guten Traditionen, lebendig in mutigen Aktualisierungen; in Gottesdiensten, in politischen Aktionen, in Festen, in einer Kultur der Wertschätzung, im gesellschafts- und kirchenpolitischen Diskurs, in Wanderungen, Wallfahrten, Wohlfühl-Tagen, im Einsatz für Geflüchtete, in liturgischen Fortbildungen, im ökumenischen Miteinander, in einer fairen Diskussionskultur und einer Kultur der Freundschaft, der Fürsorge: in jeder einzelnen Frau!

KDFB Engagiert: Und was berührt Sie persönlich besonders?
Sandherr-Klemp: Exemplarisch kann ich den Friedensgruß nennen oder auch den Segen von Gott her, den wir einander in den Frauenbundgottesdiensten zusagen. Hierin finde ich alles verdichtet: Geborgenheit und tiefe Verankerung im Glauben, das bestärkende Wissen um die Befähigung, ja Berufung, einander als Getaufte und Gefirmte und in Christus Erlöste den Frieden Gottes zu bringen und den Segen Gottes füreinander zu erbitten.
Mich berühren auch die mutigen inneren Wege, die Frauenbundfrauen zurücklegen! Auf der letzten Bundesdelegiertenversammlung im Oktober 2018 in Bonn forderten die Delegierten einstimmig die Öffnung aller Weiheämter für alle Getauften und Gefirmten. Den meisten dieser Frauen ist eine solche Position nicht in die Wiege gelegt worden: Im Frauenbund können wir uns gegenseitig im geistig- geistlichen Wachstum unterstützen. Die Liebe zur Kirche und die Treue zur biblischen Botschaft kann sich in genau solchen Entwicklungsschritten zeigen: Bewegung, nicht Erstarrung!

KDFB Engagiert: Was kann der Frauenbund tun, um Glaubensleben lebendig zu erhalten?
Sandherr-Klemp: Wer erhalten will, muss Veränderungen zulassen, sonst ist der Glaube bald nur noch leere Hülse. Wenn Gott den Menschen die Gotteskindschaft und somit die gleiche Würde geschenkt hat, wenn wir die heilende Zuwendung Gottes zur Welt, zu den Kleinen und Geknechteten, den Bedrängten und Beladenen ernstnehmen, wenn wir wollen, dass sich nicht immer und immer wieder das Faustrecht, das Recht der Mächtigen in dieser Welt durchsetzt, dann kann nicht alles beim Alten bleiben!
Dazu müssen wir kreativ sein – und wir sind es schon! Wir bewegen uns! Unser Markenkern ist nicht Kaffeekochen – nichts gegen eine schöne Tasse Kaffee… – , sondern die schöpferische, immer neu gesuchte Einheit von Glauben und Leben, von Glaubensüberzeugungen und politisch-gesellschaftlichem Handeln. Schaue ich in die KDFB-Programme auf allen Ebenen, dann finde ich dort eine in der Tiefe geeinte Vielfalt, die mich beeindruckt, dann sehe ich Leben, Aufbruch, Offenheit, Gemeinschaft, Gestaltungswillen. Das gilt auch für die Gottesdienste und Liturgien: Wir sind nicht Christinnen für uns allein. Unser Auftrag ist es, uns zu bewegen, in die Welt hinein zu gehen, vielleicht auch anzuecken und sich gegebenenfalls eine Beule zu holen. Gegenseitige Beweihräucherung ist nicht erste Christenpflicht, sondern die Bewegung hin zu Gott und dem Nächsten – und die Gestaltung von Welt aus dem alles verändernden Geist, dem Anhauch Gottes, der lebendig macht.

Interview: Anne Granda
Mehr zum Thema „Glaube“ aus KDFB Engagiert 3/2019

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist ein unabhängiger Frauenverband mit bundesweit 145.000 Mitgliedern. Seit der Gründung 1903 setzt er sich für Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein.
© 2024 | KDFB engagiert