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Schutz für jede Mutter

30.01.2025

Natascha Sagorski setzte sich für ein Gesetz zum Mutterschutz auch nach Fehlgeburten ein. Sie startete eine Petition und erreichte damit eine Gesetzesänderung. Ende Januar stimmt der Bundestag einstimmig für ein neues Mutterschutzgesetz. Künftig haben Frauen, die von der 13. Schwangerschaftswoche an eine Fehlgeburt erleiden, einen gesetzlichen Anspruch auf Mutterschutz.

„Ich habe gedacht, das war es jetzt“, sagt Natascha Sagorski. Sie lag abends beim Vorlesen mit ihrer kleinen Tochter im Bett, als sie die Nachricht von der Entlassung des Finanzministers Christian Lindner und damit des Scheiterns der Ampelregierung erhielt. Seit drei Jahren setzt sich die 40-jährige Autorin und Lobbyistin dafür ein, dass alle Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, gesetzlichen Mutterschutz bekommen. Dazu hat sie 2022 eine Petition gestartet. Darin beantragte Sagorski zwei Wochen Schutz für das erste Trimester, ab der zwölften Woche soll der Anspruch gestaffelt werden. Das bisherige Mutterschutzgesetz, das erst ab der 24. Woche gilt, sei verfassungswidrig. Laut Grundgesetz habe jede Mutter Anspruch auf Schutz und Fürsorge, sagt sie.

Je mehr Unterschriften eingingen, desto höher war die Gesprächsbereitschaft bei den Politiker*innen, erzählt Sagorski. Rund 75 000 Menschen unterschrieben und erreichten, dass das Anliegen zur Anhörung in den Familienausschuss des Bundestags kam. Nur wenige Stunden vor der Entlassung Lindners einigte sich die Regierung auf eine Staffelung.

Abstimmung in der letzten Sitzungswoche

Dann kam der Bruch der Koalition. Nach dem ersten Schock gab sich Sagorski pragmatisch. „Entscheidend ist, dass alle Parteien den gestaffelten Mutterschutz wollen“, sagte sie. Ihr Engagement zahlte sich aus. Trotz Regierungs-Aus einigten sich die Parteien  auf einen Gesetzesentwurf. Ende Januar wurde nun das neue Gesetz beschlossen. Künftig soll der Mutterschutz gestaffelt ab der 13. Schwangerschaftswoche gelten. Je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten ist, desto länger soll der Mutterschutz dauern. Bei einer Fehlgeburt ab der 13. Woche können Frauen zwei Wochen, ab der 17. Schwangerschaftswoche sechs Wochen, ab der 20. Schwangerschaftswoche acht Wochen zuhause bleiben und sich von den Folgen der Fehlgeburt erholen. 

Persönlich betroffen

Sagorski weiß aus eigenem Erleben wofür sie gekämpft hat. 2019 erlitt sie bei ihrer ersten Schwangerschaft in der zehnten Woche eine Fehlgeburt. Diese  Erfahrung war der Auslöser, sich mit dem Thema so intensiv zu beschäftigen. Als die Ärztin im Krankenhaus sie nach ihrer Ausschabung nicht krankschrieb, akzeptierte sie das als individuellen Einzelfall, bis sie dann im Austausch mit anderen betroffenen Frauen erfuhr, dass ein großer Missstand existiert. „Es gibt viel zu wenig Interesse an dem Thema, dabei ist jede dritte Frau betroffen“, sagt sie. Zuerst fühlte sie sich wie eine Versagerin, eine Frau, die nicht geliefert hat, wie es die Gesellschaft suggeriert. Sie begann mit anderen Betroffenen, Hebammen und Sternenkinder-Vereinen zu sprechen und merkte, dass es sich um ein strukturelles Problem handelt.

Die Gespräche veröffentlichte sie im Buch „Jede 3. Frau“. „Ich habe das Buch während meiner dritten Schwangerschaft verfasst, ich hatte da schon einen Sohn. Das hat mir geholfen mit der ersten Schwangerschaft Frieden zu machen.“ Gleichzeitig wollte sie etwas ändern und begann, sich für ein neues Mutterschutzgesetz zu engagieren. Jede Frau, die eine Fehlgeburt erlebt, sei eine Mutter und sollte Mutterschutz erhalten, um das Erlebte physisch und psychisch zu verarbeiten.

Familienpolitik verbessern

Ihre Erfahrungen im Politikbetrieb thematisiert nun sie erneut in einem Buch. „Wie wir mit unseren Kindern die Demokratie verteidigen“ ist ab 17. April im Buchhandel erhältlich. „Familienpolitik wird nicht ernst genommen“, beklagt die Autorin. Sie werde immer noch als Gedöns abgetan und das Feld den Rechtspopulisten überlassen. Das sei gefährlich und schade, denn Familien sind das Fundament unserer Gesellschaft. Die demokratischen Parteien müssen aufwachen, fordert die Aktivistin.

Autorin: Katrin  Otto

 

KDFB setzt sich für gestaffelten Mutterschutz ein

Der KDFB fordert einen gestaffelten Mutterschutz, der auch Fehlgeburten im ersten Trimester einbezieht. Der Frauenbund setzte sich für mindestens zwei Wochen freiwilligen Schutz für Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, ein. In Kooperation mit Natascha Sagorski begleitete der KDFB aktiv den politischen Entscheidungsprozess, engagierte sich in Kampagnen und setzte sich durch politische Briefe wirkungsvoll ein. Mehr unter www.frauenbund.de/aktionen/

Bisher bekamen Frauen, die ihr Kind während der Schwangerschaft verlieren, nur dann Mutterschutz, wenn sie die 24. Schwangerschaftswoche erreicht haben oder das Kind über 500 Gramm wog. Ab Juni 2025 gilt nun das neue Mutterschutzgesetz mit Schutzfristen bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche. Der gestaffelte Mutterschutz soll ein Schutzangebot des Staates und für betroffene Frauen nicht verpflichtend sein. 

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist ein unabhängiger Frauenverband mit bundesweit 145.000 Mitgliedern. Seit der Gründung 1903 setzt er sich für Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein.
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