Reformiert sich die Kirche?
Die Weltsynode soll Reformen für die Kirche erarbeiten. Nach drei Jahren steuert sie nun ihrem Ende entgegen. Was ist von der abschließenden Sitzung im Oktober zu erwarten?
Die Weltsynode ist im Oktober 2021 vielbeachtet gestartet. Weltweit wurden seither in Diözesen und Verbänden Gläubige nach ihren Ansichten befragt, wie die Kirche ihren Auftrag besser erfüllen kann. Wirklich jede*r war aufgerufen, daran teilzunehmen. Zum ersten Mal in der Kirchengeschichte waren Frauen bei der Sitzung 2023 stimmberechtigt. Und zum ersten Mal ist eine Frau mit der Organisation einer Synode betraut. Als Untersekretärin der Bischofssynode wird die Französin Nathalie Becquart auch bei der abschließenden Sitzung vom 2. bis 27. Oktober die organisatorischen Fäden in der Hand halten.
Noch ist nicht endgültig abzusehen, welche Reformimpulse die Versammlung in Rom für die Rolle von Frauen in der Kirche aussenden wird. Und niemand weiß, welche Empfehlungen der Synode der Papst befolgen wird. Er ist frei in seiner Entscheidung.
Fest steht jedoch, dass ein für den Frauenbund entscheidendes Thema – die Öffnung des sakramentalen Diakonats für Frauen – vorerst ausgeklammert wird. Es soll in einer Studiengruppe behandelt werden. Der Papst hat zehn solcher Gruppen eingesetzt. Sie sollen sich zum Beispiel mit sexueller Vielfalt und Beziehungsformen befassen und das Verständnis von Autorität in der Kirche kritisch beleuchten. „Es bleibt zu hoffen, dass diese Fragen dennoch bei der Versammlung im Oktober zur Sprache kommen“, erklärt Ute Zeilmann. Die KDFB-Vizepräsidentin wird in Rom vor Ort sein. Gemeinsam mit Regina Heyder, Vorsitzende der Theologischen Kommission des KDFB-Bundesverbandes, plant sie, sich mit Teilnehmenden und Organisationen zu vernetzen. Das Ziel: zu hören, was Frauen in der Kirche weltweit bewegt, und über die Anliegen des KDFB zu sprechen. Gemeinsam mit Kolleg*innen vom BDKJ sind Ute Zeilmann und Regina Heyder zu einem Gespräch in der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl eingeladen. In dem internationalen Austausch wird es um das gesellschaftliche und kirchliche Engagement von katholischen Laienverbänden in Deutschland gehen. Mit im Gepäck haben die beiden promovierten Theologinnen eine englischsprachige Broschüre, die verdeutlicht, wie sich der Frauenbund in den weltkirchlichen Dialog für eine glaubwürdige, gleichberechtigte und synodale Kirche einbringt.
Der große Wunsch: Ein anderes Miteinander
Denn Synodalität – also das Mitwirken aller am Weg der Kirche – liegt dem Frauenbund am Herzen. Das zeigt auch seine intensive Beteiligung am Synodalen Weg der Kirche in Deutschland. „Unser Interesse richtet sich auf notwendige Regelungen, wie alle Getauften an Entscheidungen beteiligt werden können, wie bischöfliche Macht zu kontrollieren und Missbrauch zu verhindern ist“, sagt Zeilmann. Es gehe um die Glaubwürdigkeit der Kirche.
Aus den Stimmen, die weltweit für die Sitzung im Oktober 2024 gesammelt wurden, hat eine Expert*innengruppe die wichtigsten Themen identifiziert. Dieses Vorbereitungsdokument lässt Zeilmann hoffen, denn es fordert einen spürbaren Haltungswechsel bei den Verantwortlichen und Lai*innen in aller Welt:
- Die Sendung der Kirche soll in der Verantwortung aller Getauften liegen.
- An Entscheidungsprozessen sind alle zu beteiligen, insbesondere die Frauen.
- Jede Autorität muss sich in Entscheidungsprozessen beraten lassen und Rechenschaft ablegen.
Frauen nicht zu beteiligen, schwächt die Kirche
Die rund 400 Teilnehmenden, darunter 200 Bischöfe und 50 Frauen, werden weitere Grundlagen für Kirchenreformen schaffen. KDFB-Vizepräsidentin Ute Zeilmann sieht es als positives Zeichen, dass man sich über die Forderung verständigen will, ob und wie ausgebildete Lai*innen während der Messe stärker „zur Predigt des Wortes Gottes“ beitragen können. So steht es im Vorbereitungsdokument. Es enthält auch ein Eingeständnis: Gerade die Nicht-Beteiligung von Frauen schwäche die gesamte Erneuerung und Sendung der Kirche. Deshalb sollen sie künftig mehr leitende Positionen an Universitäten, Instituten, Seminaren, Kirchengerichten einnehmen. Zudem sollen Ordensfrauen in ihrer Berufung und Verantwortung gestärkt werden.
Der KDFB hat die Chance genutzt, an der Weltsynode mitzuwirken. Die Bundesdelegiertenversammlung 2021 hat sich für die Stimmberechtigung von Frauen ausgesprochen. Immer wieder hat der KDFB-Bundesverband „digitale Kaffeepausen“ angeboten, bei denen Interessierte mit Expertinnen Fragen zur Weltsynode und zum Synodalen Prozess in Deutschland diskutierten. Aus der Stellungnahme des KDFB hat die Deutsche Bischofskonferenz ein Kernanliegen aufgegriffen: entschiedene Maßnahmen gegen den Missbrauch an Frauen in der Seelsorge, wo Täter*innen das Gefälle zwischen ihrer Autorität und der Verletzlichkeit der betroffenen Personen ausnutzen.
Für uns in Rom
KDFB-Vizepräsidentin Ute Zeilmann wird fünf Tage lang in Rom vor Ort sein, während die Weltsynode tagt. Die promovierte Theologin ist als Pastoralreferentin im Bistum Hildesheim tätig.
Weshalb ist es Ihnen so wichtig, in Rom zu sein?
Ute Zeilmann: Diese Synode ist einzigartig. Noch nie waren die Stimmen und die Kompetenzen der Frauen so präsent und entscheidend. Überall in der Weltkirche drängen Katholikinnen darauf, mit ihren Fähigkeiten die Sendung der Kirche leitend und maßgebend mitzugestalten. Wir haben in Deutschland mit dem Synodalen Weg keinen Sonderweg begonnen. Durch die Präsenz in Rom zeigen wir, dass Verbände wichtig sind für eine synodale Kirche, dass wir unsere Erfahrungen in einen Dialog einbringen. Vor allem zeigen wir Bereitschaft, dass wir auch von Katholikinnen in anderen Ländern lernen wollen.
Was könnte sich für die einzelne katholische Frau ändern?
Ute Zeilmann: Ich höre oft in meinem Dienst als Pastoralreferentin gerade von den in der Gemeindeseelsorge ehrenamtlich tätigen Frauen: „Was wir jetzt tun dürfen, dürfen wir nur, weil es zu wenig männliche Priester gibt. Wir sind nur ein geduldeter Notnagel, sind immer abhängig von der Zustimmung des Pfarrers. Er kann uns unsere Aufgabe ganz einfach wieder wegnehmen.“ Genau das kann sich ändern: Dass in Zukunft Dienste und Befugnisse für Frauen offiziell, institutionell und rechtlich abgesichert und nicht länger von der Gunst eines Pfarrers abhängig sind. Vielleicht wird es ganz selbstverständlich, dass Frauen in der Eucharistiefeier predigen, wenn sie die fachliche Qualifikation und das Charisma dazu haben. Und jede einzelne Frauenbundfrau kann stolz sagen: Das habe ich als Mitglied eines starken Verbandes erreicht.
Wie soll der KDFB nach Ende der Weltsynode weiterarbeiten?
Ute Zeilmann: Selbstbewusst und engagiert für eine glaubwürdige, weil gleichberechtigte synodale Kirche, die ihren Auftrag in der Gesellschaft erfüllt, eintreten wie bisher. Wir sollten noch besser auf die Entscheidungsprozesse bei uns achten und Frauen ermächtigen, damit sie sich an der politischen Willensbildung beteiligen. Wir können uns Raum geben, einander gut zuzuhören. Und natürlich beobachten wir die Studiengruppen der Weltsynode und die Entscheidungen des Papstes.
Autorin: Eva-Maria Gras