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Lob des Putzens

Putzfrauen werden garantiert nicht wegrationalisiert. Foto: Mauritius/Zoonar/alamy

28.03.2018

Es ist eine Illusion zu glauben, dass man im modernen Haushalt ums Putzen herumkommt. Sehen wir endlich ein: Jeder macht Schmutz, und der muss weg. Und zwar regelmäßig. Und es ist durchaus möglich, die tägliche Sisyphusarbeit effektiv und lustvoll zu erledigen.

Jeden Freitag beantwortet Rainer Erlinger im Magazin der Süddeutschen Zeitung eine Gewissensfrage. Der Philosoph befasst sich dann mit einem Problem des Alltags, auch das Putzen ist mal dran. „Ich habe einen Saugroboter und auch eine Putzfrau“, schreibt Jan B. aus Köln in seiner Frage. „Ist es der Putzfrau gegenüber unhöflich, den Saugroboter morgens anzustellen und laufen zu lassen, wenn sie kurz darauf zum Putzen vorbeikommt? An sich hat sie dann weniger Arbeit – andererseits führe ich ihr damit ihre baldige Ablösung durch moderne Technik vor Augen.“ 

In seiner Antwort an Jan B. rät Philosoph Erlinger dazu, die Frage höflich mit der Putzfrau zu besprechen, sie quasi an der Lösung des Problems zu beteiligen und ihr damit zu signalisieren, dass man ihre Arbeit schätzt. Und er befasst sich damit, wie man allgemein mit der Automatisierung des alltäglichen Lebens umgehen soll. „Es gibt im Haushalt immer viel zu tun“, schreibt Erlinger in seiner Antwort, „und das Saugen gehört zu den eher eintönigen Arbeiten – weshalb es dafür auch einfache, billige Roboter gibt. Man kann das … auf unterschiedliche Weise nutzen: Entweder die Stunden und damit auch den Lohn der Putzfrau kürzen oder ihr andere Aufgaben übertragen und so Sie beide entlasten und das Ergebnis verbessern. Und bis ein für Privatpersonen erschwinglicher Roboter in der Lage sein wird, Bücher aus dem Bücherregal zu nehmen und abzustauben, den Kühlschrank abzutauen, turnusmäßige Grundreinigungen verschiedener Bereiche durchzuführen oder sprichwörtlich ,in die Ecken zu gehen‘, wird einige Zeit verstreichen“, folgert er.

 Saugroboter ersetzen nicht die ordnende Hand 

„Wir werden garantiert nicht wegrationalisiert“, ist Birgit Billy überzeugt. Die 56-Jährige schult für den VerbraucherService Bayern angehende Hauswirtschafterinnen und hat selbst eine Meisterprüfung in diesem Fach abgelegt. Den Gedanken, dass sich Haushalte in Zukunft automatisch reinigen lassen werden, hält sie für abwegig. „Saugroboter haben ihre Verwendungsmöglichkeiten“, betont sie. „Wahrscheinlich wird es auch einen Roboter geben, der Böden feucht wischt. Schon jetzt gibt es spezielle Geräte, die automatisch Fenster putzen. Aber sie sind noch nicht ausgereift.“ Große Bodenflächen, so ist sie sich sicher, könne ein Saugroboter durchaus von Staub befreien, „aber die Oberflächen in den Haushalten sind oft so kleinteilig, das kann ein Roboter nicht bewältigen. Es ist einfach unrealistisch.“  

Auch die Stiftung Warentest kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. „Es ist verblüffend, wie viel Wollmäuse, Flusen und Krümel die kleinen Saugroboter auf ihren Fahrten einsammeln können“, lautet ihr Urteil. Der Test von sechs Robotern zeigt jedoch: Vor allem auf Teppichen lassen die Geräte viel Staub liegen. Die meisten schwächeln in den Ecken.

Drei Roboter schneiden im Test befriedigend ab, zwei sind ausreichend. Immerhin einer reinigt insgesamt gut. Einen Staubsauger ersetzen sie aber allesamt nicht. Und damit auch nicht die Person, die ihn bedient. 

Ganz hinten auf der Beliebtheitsskala: das Bügeln 

Hausarbeit ist großteils Handarbeit, aber anders als Kochen, Schreinern, Nähen wird sie wenig geschätzt. Putzen, Reinigen, den Dreck wegmachen – es gibt kaum eine Arbeit mit niedrigerem Stellenwert in der Gesellschaft und kaum eine, die so hartnäckig an den Frauen kleben bleibt. Umfragen erbringen seit Jahren: Im Haushalt herrscht die klassische Rollenverteilung. Nach wie vor schultern Frauen die größte Last. Männer halten sich zurück. Bei einer Forsa-Umfrage von 2015 gaben 68 Prozent der befragten Frauen, die in einem Mehrpersonenhaushalt leben, an, täglich selbst zu putzen, dagegen nur 14 Prozent der Männer. Das Auto polieren oder professionell gläserne Fassaden in schwindelnder Höhe reinigen – das gilt als Männerarbeit. Nicht aber das tägliche Klein-Klein im Haushalt. 

Die unbeliebteste Tätigkeit ist übrigens das Bügeln, hat die Forsa-Studie erbracht. Dahinter kommen das Fensterputzen und die Badreinigung. Wenige Menschen in Deutschland können es sich leisten, die lästigen Arbeiten zu delegieren. Nur jeder Neunte beschäftigt eine Haushaltshilfe. 

Mit meditativer Haltung dem Schmutz an den Kragen 

Da gehört fast schon Mut dazu, zu bekennen, dass man gerne putzt. Die Philosophin Nicole C. Karafyllis scheut sich einzuräumen, welche Begeisterung sie fürs Putzen hegt. Das legt sie in ihrem Buch „Putzen als Passion“ dar. Oft müsse sie sich im Freundeskreis rechtfertigen, wenn sie verrät, am liebsten selbst putzen zu wollen. Dann führt sie aus, dass es durchaus möglich sei, diese Tätigkeit zu genießen – weil man zum Beispiel seine Ruhe hat und dabei nachdenken und sich entspannen kann. Dann sei das Putzresultat nicht der Zweck der Tätigkeit, sondern die meditative Haltung, die man dabei entwickle. Wenn man sich so richtig ins Zeug lege, um den allgegenwärtigen Schmutz zu beseitigen, erspare das Putzen auch die Mitgliedschaft in einem Fitnessclub.  

Konsumgesellschaft ist gleich Putzgesellschaft

Und Karafyllis gibt zu bedenken: Putzen gehört untrennbar zum Konsum. Wer mehr und mehr Dinge besitzt, verbringt auch immer mehr Zeit damit, sie in Ordnung zu halten. „Eine Konsumgesellschaft ist de facto eine Putzgesellschaft“, legt Karafyllis dar. Und sie betont, Putzen sei heute keine ganz einfache Tätigkeit mehr. Bei jedem neu gekauften Objekt finde sich mittlerweile neben der Bedienungsanleitung eine mehrseitige „Pflegeanleitung“ beigelegt. 

Hauswirtschaftsmeisterin Birgit Billy rät dringend dazu, diese Pflegeanleitungen zu beachten. Im Zweifelsfall sei es sogar sinnvoll, sich an den Hersteller von Möbeln und anderen Haushaltsgegenständen zu wenden. So erfahre man aus erster Hand, wie man schonend reinigt und alle Dinge vor Abnutzung und Verschleiß bewahrt. „Wenn ich meine Besitztümer pflege und sie ordentlich behandle, lohnt sich das“, sagt sie. „Es trägt nicht nur zu meinem Wohlgefühl bei, wenn alles schön sauber ist. Es geht auch um den Werterhalt dessen, was ich besitze und was mich umgibt.“

Autorin: Eva-Maria Gras
aus: KDFB Engagiert 4/2018 

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