Königinnen des Weins
Ihre Arbeit schmeckt: Mit viel Herzblut widmen Frauen ihre Arbeitskraft edlen Tropfen. Ob als Stütze im Familienbetrieb oder als Nachwuchswinzerinnen, Frauen sind im Weinberg auf dem Vormarsch.
Charlotte Freiberger aus Heppenheim: Die Botschafterin
Sie kommt aus dem kleinsten der 13 deutschen Weinanbaugebiete, aber sie vertritt den deutschen Wein in seiner gesamten Bandbreite im In- und Ausland. Charlotte Freiberger aus Heppenheim an der Hessischen Bergstraße ist amtierende Deutsche Weinprinzessin. Das bedeutet, dass sie ein Drittel des Jahres nicht an ihrem Arbeitsplatz im elterlichen Weingut, sondern bei Repräsentationsaufgaben verbringt: In der deutschen Botschaft in Ankara stellt sie Weine bei einem deutsch-französischem Galadinner vor, in Kanada hält sie ein Seminar für Hotelfachschüler – auf Englisch, versteht sich. „Das waren die bisher spannendsten Termine. Das Amt lässt einen persönlich sehr wachsen, man lernt die unterschiedlichsten Menschen und Regionen kennen“, erzählt die Winzertochter. In Geisenheim und Wien hat die 27-Jährige ein Studium für Weinbau, Önologie und Weinwirtschaft absolviert. Ihr Fazit: Frauen sind beim Weinbau im Kommen. „Die Hälfte meiner Kommilitonen war weiblich. Die im Weinbau anfallenden Arbeiten können Frauen genauso gut erledigen wie Männer.“
Ein Beruf mit Abwechslung
Schon während des Studiums hat sie Interesse daran bekundet, über den Tellerrand zu schauen: In Frankreich und Neuseeland arbeitete sie auf Weingütern mit und sammelte Erfahrungen. „Dort sprechen wir von anderen Dimensionen. Wir haben 10.000 Tonnen Trauben verarbeitet, und trotzdem war man mit viel Herzblut dabei, und es wurde vieles mit der Hand gemacht.“ Ihre Lieblingsaufgabe? „Die Mischung macht es“, sagt sie „An dem Beruf liebe ich die Abwechslung. Ich mache nie jeden Tag dasselbe. Im Winter bin ich mehr im Keller, im Sommer im Weinberg, im Verkauf oder bei einer Weinprobe.“
Charlotte Freiberger gehört der vierten Generation in ihrer Familie an, die das Weingut mit 16 Hektar bewirtschaften wird. Dass sie die Betriebsnachfolge übernehmen würde, war nicht von Anfang an klar. „Erst in der Oberstufe des Gymnasiums fing ich an, mich für Weinbau zu interessieren.“ Im Familienbetrieb helfen alle mit. Ihre 97-jährige Oma, eine KDFB-Frau, hat bis vor fünf Jahren noch im Weinverkauf gestanden. Mehr unter www.weingut-freiberger.de
Conny Lehr aus Markelsheim: Ein Herz für Wein und Landwirtschaft
Wein erleben lassen in schöner Atmosphäre – das hat Conny Lehr aus Markelsheim in Tauberfranken zu ihrer Mission gemacht. Ob sie mit ihrem Akkordeon auf dem eigens gebauten gelben Wagen Platz nimmt und mit den Gästen des familieneigenen Jakobshofs so die Weinberge erkundet. Oder ob sie die hofeigenen Ferienwohnungen und die großen Weinfässer zum Übernachten liebevoll dekoriert. Conny Lehr hat ein klares Ziel: Der Gast soll zum Weinliebhaber werden. „Wir geben ihm ein Gesicht zum Erlebnis Wein.“ Dafür ist die ganze Großfamilie der vierfachen Mutter mit im Einsatz. Dass sie mit Herzblut dabei ist, davon zeugen auch ihre Erfolge. Einen zweiten Platz konnte sie beim Wettbewerb um den schönsten Weinerlebnisplatz des Südwestdeutschen Rundfunks ergattern. Im Herbst steht sie in Berlin auf der Bühne, weil sie unter den Finalistinnen zum Ceres Award ist – dem Preis zur LandwirtIn des Jahres. Denn auf dem Jakobshof spielen Acker- und Weinbau eine große Rolle.
Als vor sieben Jahren die letzte Milchkuh den Stall verlassen hatte und ihre Familie die Milchviehwirtschaft schweren Herzens aufgab, war klar: Neue Einnahmequellen müssen her. Als ausgebildete Weingästeführerin war ihr das Potenzial des Weins bewusst. Der Plan ging auf. Die Fahrten auf dem gelben Wagen boomen.
Tiefe Wurzeln in der Weinheimat
Das Brot für die Fahrten backt sie selbst. Denn regionale Erzeugnisse sind ihr ein wichtiges Anliegen. Wenn man nur Billigprodukte aus anderen Ländern kauft, muss man sich nicht wundern, wenn die einheimischen Produzenten aufgeben. Ich sehe es als große Verpflichtung an, aufzuklären. Woher sollen die Leute die Zusammenhänge in der Landwirtschaft noch kennen, wenn sie nichts mehr damit zu tun haben?“ Deshalb ist die Frauenbundfrau bei der Landfrauenvereinigung im KDFB aktiv. Tradition hat in ihrer Region der Silvaner. „Der drückt für mich alles aus, was Heimat ausmacht. Er ist erdig, frisch, bunt, vollmundig und bleibt lang im Gaumen. Der hat genauso tiefe Wurzeln hier wie ich.“ Mehr unter www.jakobshof-lehr.de
Martina und Melanie Groß aus Maikammer:
Zwei Frauengenerationen für den Wein
Ein Winzer soll nie mehr Rebfläche haben, als seine Frau schaffen kann‘, sagt man bei uns, und da ist was dran“, erzählt Martina Groß aus Maikammer lachend. In der Pfälzer Weinbaugemeinde spielt der Wein die Hauptrolle. 40 Vollerwerbsweinbaubetriebe gibt es hier. Schwiegertochter Melanie Groß und sie sind im Weingut, das ihr Sohn von ihrem Mann übernommen hat, fest mit eingeplant. Melanie Groß kümmert sich im Büro um die Vermarktung des Weines, um die Kundenkontakte und um die Vermietung der Ferienwohnung und der Wohnmobilstellplätze. Seniorchefin Martina Groß ist vor allem im Frühjahr beim Anbinden der Reben wochenlang im Weinberg.
Leben mit der Natur
Als Weinbauern leben sie so sehr mit der Natur, dass sie beide noch auf den Tag genau wissen, wann sie in diesem Jahr großes Glück hatten: „An Fronleichnam ging ein großes Unwetter nieder, aber unsere Weinberge sind verschont geblieben. Man hat als Weinbauern jedes Jahr mit etwas anderem zu kämpfen: Trockenheit, Hagel, Frost. Deshalb ist man im Herbst sehr dankbar, wenn eine gute Ernte eingefahren werden kann“, sagt Melanie Groß. Die Weinernte, die früher nie vor Oktober startete, beginnt nun deutlich früher. „In diesem Jahr rechnen wir mit einem Erntebeginn in der letzten Augustwoche“, erklärt Martina Groß.
Das sonnige Klima, die liebliche Landschaft, das prägt auch das Gemüt: „Die Menschen hier sind sehr offen. Man kann sich irgendwo dazusetzen. Im Sommer kann man an jedem Wochenende mit dem Fahrrad ein Weinfest erreichen.“ Dennoch hält der Wein sie auf Trab. Denn auch die hofeigene Vinothek muss neben dem Weinbau betreut werden. „Nach acht Stunden ist noch lange nicht Schluss“, sind sich die beiden KDFB-Frauen einig. Mehr unter www.weingut-gross.de
Autorin: Claudia Klement-Rückel
aus: KDFB Engagiert 8+9/2018