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Gegen Gewalt an Frauen

01.12.2024

Auch dieses Jahr befasste sich die Bundesdelegiertenversammlung, die vom 25. bis 27. Oktober im Heinrich-Pesch-Haus in Ludwigshafen stattfand, mit vielfältigen Themen. So verabschiedeten die Delegierten unter anderem einen Antrag zu Gewalt an Frauen und richteten wichtige Forderungen an die Politik.

 

Die Delegierten blickten auf die Zahlen zu Gewalt an Frauen in Deutschland: Alle zwei Tage tötet ein Mann seine (Ex-)Partnerin. Jeden Tag findet ein Tötungsversuch statt. Öfter als alle vier Minuten fügt ein Mann seiner Partnerin Gewalt zu. Und alle zwei Stunden erlebt eine Frau sexualisierte Gewalt durch ihren Partner. Aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamts zeigen einmal mehr, dass Gewalt an Frauen in Deutschland allgegenwärtig ist.

Der Frauenbund setzt sich dafür ein, dass von den Verantwortlichen in der Politik umfassende Maßnahmen zum Schutz von Frauen vor Gewalt entwickelt und umgesetzt werden. So wurde auf der diesjährigen Bundesdelegiertenversammlung der Antrag „Gewalt an Frauen stoppen – Femizide verhindern!“ von den Delegierten verabschiedet. Um Gewalt gegen Frauen wirksam bekämpfen zu können, fordert der KDFB darin die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention. Wesentliche Maßnahmen sind für den Frauenbund unter anderem:

Prävention und Aufklärung        

Förderung von Initiativen zur Gleichstellung der Geschlechter, Abbau von Diskriminierungen sowie Entwicklung umfassender Strategien zur Täterarbeit als Prävention gegen Gewalt. Zudem sollen flächendeckende Bildungsprogramme und Aufklärungskampagnen über Gewalt gegen Frauen sowie verpflichtende Fortbildungen für Polizei, Jugendämter und andere relevante Institutionen zu häuslicher Gewalt eingeführt werden.

Stärkung der rechtlichen Rahmenbedingungen

Etablierung einer bundesweiten Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention sowie Weiterführung des Runden Tisches auf verschiedenen Ebenen zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Femiziden, um Behörden, NGOs und Polizei zu vernetzen.

Einführung eines Gewalthilfegesetzes mit einheitlichen Regelungen und Finanzierung sowie Gewährleistung eines individuellen Rechtsanspruchs auf Schutz und Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen, einschließlich eines eigenständigen Aufenthaltsrechts für sie und ihre Kinder. Femizid soll unter §211 StGB fallen, ohne mildernde Bewertung aufgrund der Partnerschaft.

Ausbau von Hilfsangeboten und Schutzmaßnahmen

Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel für ein flächendeckendes Hilfe- und Unterstützungssystem, einschließlich Notruftelefonen, Frauenhausplätzen und spezialisierten Schutzunterkünften, um die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen, auch im ländlichen Raum, abzudecken.

Um Mitverantwortung auch im Raum der Kirche zu übernehmen und Gewalt an Frauen entgegenzutreten, fordert der KDFB unter anderem, tradierte Geschlechterbilder aufzugeben, die geltenden Narrative über Frauen zu hinterfragen und dabei die Vielfältigkeit von möglichen christlichen Frauenbildern zu fördern. Die (spirituelle) Selbstbestimmung von Frauen muss gestärkt und der Missbrauch an Frauen strukturell bekämpft werden.

Der KDFB verpflichtet sich zudem, für die Gleichstellung einzutreten sowie eine Kultur zu fördern und selbst zu leben, die die Selbstbestimmung von Frauen achtet. In seinen Aktivitäten will der Frauenbund ein Umfeld schaffen, in dem Frauen in all ihrer Vielfalt sicher und respektiert leben können. Zudem will er seine öffentliche Reichweite nutzen, um über Gewalt an Frauen und Geschlechtergerechtigkeit aufzuklären, dadurch Bewusstsein zu schaffen und Kompetenzen zu stärken.

Was die Delegierten außerdem noch bewegte

Die Bundesdelegierten befassten sich mit wichtigen politischen Themen und fällten folgende Beschlüsse: 

  • Abschaffung der Einkommensanrechnung bei der Hinterbliebenenrente: Auf Antrag des Diözesanverbands Regensburg wurde der Bundesvorstand beauftragt, eine öffentlichkeitswirksame politische Kampagne durchzuführen, die darauf hinwirkt, die Einkommensanrechnung bei der Hinterbliebenenrente abzuschaffen, damit sich aufgrund eigener Einkünfte des überlebenden Ehepartners keine Kürzung der Hinterbliebenenrente ergibt.
  • Ausweitung der geschlechtersensiblen Medizin gemäß Koalitionsvertrag: Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Ziele einer geschlechtersensiblen Medizin umzusetzen. Der Bundesvorstand wurde im ersten Schritt beauftragt, den Status quo der Umsetzung zu eruieren. Im zweiten Schritt sollen die bis dato fehlenden Bereiche in der Umsetzung politisch und öffentlichkeitswirksam eingefordert werden. Hierbei werden die Bundesregierung und die zuständigen Ministerien insbesondere zur Errichtung weiterer entsprechender Lehrstühle aufgefordert. Dieser Antrag wurde ebenfalls durch den Diözesanverband Regensburg eingebracht.
  • Festlegung eines Mindestalters für die KDFB-Mitgliedschaft: Es wurde beschlossen, die AG Mindestalter bis zur Bundesdelegiertenversammlung 2026 zu verlängern. Im nächsten Jahr soll in den Diözesanverbänden über das Mindestalter für eine KDFB-Mitgliedschaft diskutiert werden. Dazu wird die AG einen Leitfaden zur Verfügung stellen.
  • Mitgliedsbeitrag für die Bundeseinzelmitglieder: Es gibt auf der Diözesan-, Landes- und Bundesebene Einzelmitglieder. Der Mitgliedsbeitrag der Bundeseinzelmitglieder wird durch die Bundesdelegiertenversammlung festgelegt. Es wurde eine Anpassung des Mitgliedsbeitrags der Einzelmitglieder auf Bundesebene ab dem 1. Januar 2025 beschlossen.  
  • Einführung einer zentralen Mitgliederverwaltungssoftware: Die Delegierten haben das weitere Vorgehen zur Einführung einer cloudbasierten Mitgliederverwaltungssoftware beschlossen und sich für einen Anbieter entschieden. Die Delegierten begrüßten, dass eine solche Mitgliederverwaltungssoftware zu Vereinfachungen in der Verwaltung führen und dass sie einen datenschutzkonformen Umgang mit Mitgliedsdaten ermöglichen wird.
  • Anpassung des BDV-Beschlusses „Verbindliche Passagen für KDFB-Satzungen“ – Wiederwahl Zweigvereinsvorstand: Die Bundesdelegiertenversammlung 2022 hatte mit dem Beschluss „Verbindliche Passagen für KDFB-Satzungen“ eine Basis für KDFB-Satzungen aller Ebenen geschaffen und dabei auch Regelungen zur Wiederwahl in den Zweigvereinsvorstand festgelegt. Der Bundesvorstand hatte die Rückmeldung erhalten, dass die zunächst beschlossene Regelung in der Umsetzung zu großen Problemen vor Ort führt. Die Bundesdelegiertenversammlung hat eine Anpassung der entsprechenden Passage beschlossen.

Frau.Macht.Frieden.

Frauen in ihrer Rolle als wichtige Entscheidungsträgerinnen in den Vordergrund rücken und sie ermutigen, gegen Diskriminierung und Unterdrückung aktiv zu werden: Seit jeher sind dies wichtige Themen für den Frauenbund.

Die Studientagung, zu der der KDFB-Bundesverband im Vorfeld der Bundesdelegiertenversammlung am 25. Oktober in Ludwigshafen eingeladen hatte, beschäftigte sich wie im Vorjahr mit dem Thema der feministischen Außenpolitik – setzte jedoch einen neuen Schwerpunkt. Während im vergangenen Jahr der Fokus auf internationalen Perspektiven und globalen Herausforderungen lag, konzentrierte sich die Studientagung diesmal auf die inneren Aufgaben und notwendigen Maßnahmen Deutschlands: Was muss Deutschland tun, um entsprechende Rechte, eine gerechte Repräsentanz, angemessene Ressourcenverteilung und Diversität im eigenen Land zu gewährleisten? Wie können die Prinzipien der feministischen Außenpolitik nicht nur nach außen getragen, sondern auch im nationalen Kontext umgesetzt werden? Was liegt im Handlungsraum des Frauenbundes? Wie und wo können Frauen auch Aktivistinnen für den Frieden sein? Nach der Eröffnung durch KDFB-Präsidentin Anja Karliczek, MdB, (im Bild links, rechts daneben Rita Schwarzelühr-Sutter, Paulina Hauser, Anna Peters) führten mehrere Impulsvorträge in das Thema ein.

Perspektive der Frauen fehlt

So machte die promovierte Frauenbundfrau Paulina Hauser vom Deutschen Caritasverband in ihrem Bericht über die Umsetzung der Istanbuler Konvention, die die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt fordert, deutlich, dass es in Deutschland keine Strategie zur Umsetzung von Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen gebe: „Es fehlen vor allem Plätze in Frauenhäusern“, so Hauser. „Es bräuchte 21 000, aktuell gibt es nur 7 000 Plätze.“ Es bestehe ein deutlicher Handlungsbedarf beim Thema Gewalt gegen Frauen, da die Situation der Frauen direkte Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft habe: „Feministische Entwicklungspolitik kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten.“

Anna Peters, Bündnis 90/Die Grünen sowie Fiscal Feminist Hub e.V., hob in ihrem Vortrag über Ressourcen hervor, dass es in der Volkswirtschaft grundsätzlich viele Perspektiven gebe. „Nur eine fehlt: die der Frauen. Weil Care-Arbeit nicht erfasst wird, wissen wir gar nicht, wie viel Frauen jeden Tag erarbeiten“, so Peters. „Wenn Finanzmittel nicht bereitgestellt werden, dann hat das ganz konkrete Auswirkungen auf Frauen. Geld ist Macht, und ohne Macht können wir keine politischen Probleme angehen.“

Frauen-Repräsentanz weiter erhöhen

Nicola Rosendahl von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz ging auf das Thema Diversität ein. Sie unterstrich, dass „autoritäre Politikangebote“ immer attraktiver werden, während die „Grenzen des Sagbaren“ sich immer mehr verschieben würden. „Antifeminismus ist ein Scharnier und eine Brücke zwischen bürgerlich-konservativen und extrem rechten Positionen“, so Rosendahl.

Frauenbundfrau Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium des Inneren und für Heimat, unterstrich abschließend in ihrem Vortrag: „Es geht hier nicht um Politik von Frauen für Frauen, sondern um mehr Rechte und Gleichberechtigung in der gesamten inklusiven Gesellschaft.“

Zum Thema Gewalt an Frauen sagte Schwarzelühr-Sutter: „Die Zahlen in Deutschland zeigen, dass Gewalt gegen Frauen vor allem Gewalt von (Ex-)Partnern ist. Deswegen ist feministische Außenpolitik auch eine Frage des Inneren. Und deswegen braucht es mehr Frauen in der Politik, in der Regierung – auch als Vorbild zum Beispiel für die Wirtschaft, wo oft auch noch nicht klar ist, dass Frauen die Hälfte beanspruchen können. Ich würde mir wünschen, dass wir die Repräsentanz erhöhen, um weiterhin feministische Politik betreiben zu können.“ 

„Laute Diskussionen“ 

Die gemeinsame Podiumsdiskussion „Bedingungen für Frieden – weltweit“, die von der KDFB-Referentin für Globale Verantwortung Kerstin Bause moderiert wurde, rundete die Studientagung ab.

Die Delegierten stellten fest, es könne keinen „ruhigen Frieden“ geben, es brauche stattdessen immer „laute Diskussionen“, die von der Öffentlichkeit auch wahrgenommen werden, um Gerechtigkeit herbeizuführen. Der aktuelle Frauenanteil im Parlament war ebenfalls Thema der Podiumsdiskussion: Da der weibliche Anteil in der aktuellen Legislaturperiode im Vergleich zur vorherigen gesunken ist, bleibt eine parlamentarische Frauenquote notwendig.

Gelebte Frauensolidarität: Solibrot-Aktion

Zum bereits elften Mal hat der KDFB sich an der alljährlichen Solibrot-Aktion von Misereor, dem katholischen Werk für Entwicklungszusammenarbeit, beteiligt. Auf Initiative von engagierten KDFB-Zweigvereinen bieten zahlreiche Bäckereien während der Fastenzeit sogenannte Solibrote an. Diese Brote werden mit einem Benefizanteil verkauft, dabei fließen die Erlöse in Misereor-Projekte, die nachhaltig Lebensbedingungen für Frauen und Mädchen in Afrika, Asien und Lateinamerika verbessern. Diesmal hatten sich etwa 300 Gruppen aus 14 Diözesanverbänden und Bäckereien an der bundesweiten Aktion beteiligt, die 94 624,64 Euro einbrachte. Damit ist inzwischen die 1-Million-Euro-Grenze geknackt worden. Misereor-Geschäftsführerin Annette Ptassek (rechts im Bild) nahm den Scheck über die in diesem Jahr eingenommene Summe entgegen und bedankte sich bei KDFB-Vizepräsidentin Ute Zeilmann (links) sowie bei allen Beteiligten.

 

 

Autorin: Andrea Bala 

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist ein unabhängiger Frauenverband mit bundesweit 145.000 Mitgliedern. Seit der Gründung 1903 setzt er sich für Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein.
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