Bücher, die Mut machen
In der Kirche stehen die Zeichen auf Veränderung: Frauen fordern gleichberechtigte Teilhabe, Ordensleute denken darüber nach, wie Klosterweisheit in die Zukunft führen kann, und SeelsorgerInnen weisen neue Wege. Ihre Bücher wollen Perspektiven zeigen und Mut machen.
Ein Pfarrer packt aus
Stefan Jürgens: Ausgeheuchelt! So geht es aufwärts mit der Kirche, Herder, 2019, 20 Euro.
„Ich erlebe, dass die Sehnsucht nach Gott ungebrochen ist“, schreibt der katholische Pfarrer Stefan Jürgens im Vorwort zu seiner sehr persönlichen Bilanz der kirchlichen Situation heute. Er erhofft sich, dass er durch einen klaren Blick auf die Wirklichkeit des Priesterberufes seinen Mitchristen Mut machen kann, in der Kirche zu bleiben. In großer Offenheit erzählt der 51-Jährige, warum er Pfarrer geworden ist, was ihn prägte, was er erlebte und wieso Priester immer noch sein Traumberuf ist, trotz aller Enttäuschungen und Erschütterungen. „Da erzählt ein Pfarrer von seinen Erfahrungen, seinen Sorgen um die Kirche und von seinen Träumen. Das ist richtig spannend zu lesen“, sagt Birgitt Pfaller, KDFB-Bildungsrefentin in Regensburg. „Jürgens schreibt in einer gut verständlichen Sprache und fasst nach jedem Kapitel zusammen, wie sich Kirche weiterentwickeln könnte.“ Jürgens’ Haltung zu Frauen im geistlichen Amt ist unmissverständlich, wie er im Buch darlegt: „Wer an einen Gott glaubt, der eine frauenfeindliche, männerdominierte und zölibatäre Hierarchie gewollt haben soll, der kann genauso gut an den Osterhasen glauben.“
Mehr Macht für Frauen
Christiane Florin: Der Weiberaufstand. Warum Frauen in der katholischen Kirche mehr Macht brauchen, Kösel, 2017, 18 Euro.
Zwei Jahre nach der Erstveröffentlichung hat die Streitschrift von Christiane Florin „Der Weiberaufstand“ nichts an Aktualität eingebüßt. Die Politikwissenschaftlerin und Journalistin trägt darin zusammen, auf welche Argumente, Hindernisse, Finten und Ausreden Frauen stoßen, die in der katholischen Kirche zu Diakoninnen oder gar zu Priesterinnen geweiht werden wollen. Die Autorin mischt biografische und gesellschaftliche Überlegungen, Erlebtes und Erzähltes mit theologischen und kirchenrechtlichen Grundlagen. Daraus wird ein amüsanter und doch manchmal sehr trauriger Streifzug durch die katholische Gedankenwelt. „Es geht mir um die kleinen Nadelstiche, die ganz selbstverständlichen Benachteiligungen, nur weil das Gegenüber eine Frau ist“, schreibt sie.
Die Geschichte weiß mehr
Hubert Wolf: Krypta. Unterdrückte Traditionen der Kirchengeschichte, C.H.Beck, 2015, 19,95 Euro.
Welche Formen und Organisationsweisen gab es in der Kirche schon einmal? Vielleicht sogar über längere Zeiträume hinweg, sodass man sogar von einer Tradition sprechen kann? Auf diesem Gebiet forscht der Kirchenhistoriker Hubert Wolf aus Münster. Denn zu Formen, die es schon einmal gegeben hat, könnte die Kirche auch wieder zurückkehren, sich reformieren. Das ist besonders interessant, wenn es Formen sind, bei denen Frauen oder Laien gegenüber Geweihten ebenbürtig behandelt wurden. So führt Wolf zum Beispiel aus, dass Äbtissinnen bischöfliche Vollmachten hatten. Der liturgische Text bei ihrer Weihe war sogar identisch mit dem von Bischofsweihen. Und Laien hatten bis ins 19. Jahrhundert hohe Leitungsfunktionen inne. So arbeiteten damals noch Kardinäle im Vatikan, die nicht einmal eine Priesterweihe erhalten hatten. Ebenso gibt es historische Beispiele dafür, dass das Kirchenvolk bei der Ernennung von Bischöfen oder der Einsetzung von Pfarrern mitgeredet hat.
KDFB-Frau für das Frauen-Priestertum
Ida Raming: 55 Jahre Kampf für Frauenordination in der katholischen Kirche, LIT Verlag, 2018, 19,90 Euro.
Die Theologin Ida Raming, seit vielen Jahren KDFB-Mitglied im Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart, setzt sich seit dem Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils 1962 für den Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern und Diensten in der römisch-katholischen Kirche ein. Sie ist überzeugt, dass eine grundlegende Erneuerung der Kirche nur ohne Diskriminierung von Frauen erreicht werden kann. In ihrem 129-seitigen Buch „55 Jahre Kampf für Frauenordination in der katholischen Kirche“ geht sie der Frage nach, warum der Zugang zu allen kirchlichen Ämtern und Diensten für die Frauen und die Reform der Kirche von zentraler Bedeutung ist. Der Zeit nach dem Zweiten Vatikanum (1965) bis heute sowie ein Ausblick auf das, was noch kommen könnte oder geschehen müsste, um die Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche zu erreichen, ergänzen die Eingangsfrage.
Das sagt die Bibel zu Frauen
Johannes Eckert: Steht auf! Frauen im Markusevangelium als Provokation für heute, Herder, 2018, 16 Euro.
Welche Rolle spielten die Frauen nach dem Markusevangelium, das als das älteste gilt? Dieser Frage geht der Benediktinerabt von St. Bonifaz in München und Andechs, Johannes Eckert, nach. Zunächst umreißt er kurz, wie nach Jesu Gefangennahme nur noch Frauen mutig zu ihm halten und bis zu seinem Tod standhaft bleiben. Dann widmet sich Eckert den sechs Stellen, an denen Jesus namenlosen Frauen begegnet. „Ihr Verhalten wird stets als beispielhaft für die Jünger dargestellt“, schreibt der Abt. Die ehemalige KDFB-Diözesanvorsitzende von Eichstätt, Rosalinde Göppel, erläutert: „Mich hat das Buch begeistert, weil Eckert die Namenlosen würdigt und sichtbar macht. Das tut mir als Frau gut und stärkt mich. Zudem versucht er zu ergründen, wie das Verhalten der biblischen Frauen auf Fragen von heute Antworten geben kann. Dabei scheut er sich nicht, über die Weihe von Frauen, den Pflichtzölibat, über Experimente bei der Glaubensweitergabe an die Jugend oder eine vertiefte Seelsorge nachzudenken“.
Erfahrungen aus den Orden
Hanspeter Schmitt OCarm (Hg.): Kirche, reformiere dich! Anstöße aus den Orden, Herder, 2019, 20 Euro.
Orden waren im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder Vorreiter, wenn es darum ging, sich als Kirche moralisch, spirituell oder auch in den Strukturen zu erneuern. Im Sammelband „Kirche, reformiere dich!“ sind dazu 18 Erfahrungsberichte, vorwiegend von Ordensmitgliedern, zusammengetragen. Der Band enthält auch einen Beitrag der früheren KDFB-Vizepräsidentin und jetzigen Ordensfrau Sr. Gabriela M. Zinkl zum Thema Berufungen. Die Texte machen deutlich, dass auch heute für viele Fragen der Kirche in den Orden bereits Lösungen, Perspektiven und eine erprobte Praxis vorliegen. „Ich finde die einzelnen Berichte faszinierend“, sagt Sr. Susanne Schneider. „Sie entsprechen meiner Erfahrung, dass derzeit aus vielen Orden Anstöße für eine Erneuerung der Kirche kommen. Missio-Referentin und KDFB-Frau Schneider, hat sich mit anderen Ordensfrauen zu der Gruppe „OrdensFrauen für MenschenWürde“ zusammengeschlossen. Diese Gruppe setzt sich in München mit Gebet und Engagement – manchmal lautstark – für die Reform der Kirche ein.
Die Kirche möge aufwachen
Jacqueline Straub: Kickt die Kirche aus dem Koma. Eine junge Frau fordert
Reformen jetzt, Patmos, 2018, 19 Euro.
Jacqueline Straub spürt seit ihrem 15. Lebensjahr die Berufung zur römisch-katholischen Priesterin. In dem Band „Jung, katholisch, weiblich. Weshalb ich Priesterin werden will“ legt sie ihre Beweggründe dar. Inzwischen hat sie ihr Theologiestudium abgeschlossen, arbeitet in der Schweiz als TV-Redakteurin und ist verheiratet. In ihrem gerade erschienen Buch „Kickt die Kirche aus dem Koma“ trägt sie zusammen, welche Defizite sie in Europa in der Kirche vorgefunden hat, und gibt praxisnahe Beispiele für Reformmöglichkeiten. Für sie ist es die Herausforderung einer jeden Zeit, Menschen von Neuem für die Botschaft Christi zu begeistern. „Will das Christentum auf dem großen Markt der Sinnangebote bestehen, muss es wieder deutlicher Jesus in den Mittelpunkt stellen“, betont sie. „Es geht darum, dass die Kirche eine Christusbegegnung ermöglicht – oder sie wird morgen nicht mehr sein.“
Der KDFB-Diözesanverband Augsburg hat für Oktober 2020 mit Jacqueline Straub acht Lesungen aus ihrem neuesten Buch geplant. Mehr unter www.frauenbund-augsburg.de/veranstaltungen, Stichwort „Spiritualität“.
Autorin: Anne Granda
aus: KDFB engagiert 12/2019