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Neues Siegel für faire Textilien

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller bei einem Besuch einer Textilfabrik in Ghana. Foto: BMZ Pool/Ute Grabowsky/Photothek.net

25.07.2019

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller wird im September ein neues Gütesiegel für faire Textilien vorstellen: den Grünen Knopf. In einem Interview erklärt der CSU-Politiker, was die neue Kennzeichnung so besonders macht.

KDFB engagiert: Es gibt bereits zahlreiche Textilsiegel. Warum jetzt auch noch einen Grünen Knopf?

Gerd Müller: Mit dem Grünen Knopf schaffen wir Orientierung. Wer sozial und ökologisch produzierte Kleidung kaufen möchte, sollte demnächst auf den Grünen Knopf achten. Denn bislang ist nicht immer klar, wofür die vielen einzelnen Siegel stehen. Sind sie anspruchsvoll und glaubwürdig? Decken sie auch faire Arbeitsbedingungen ab oder zertifizieren sie nur Bio-Baumwolle? Der Grüne Knopf nimmt alle diese Aspekte in den Blick und macht die bewusste Kaufentscheidung deutlich leichter. 

Welche Anforderungen muss ein Kleidungsstück derzeit erfüllen, um mit dem Grünen Knopf ausgestattet zu werden?

Insgesamt müssen 46 soziale und ökologische Anforderungen erfüllt sein – von geregelten Arbeitszeiten und Mutterschutz, über Beschwerdemechanismen und Abwassergrenzwerte bis hin zum Verbot von Zwangsarbeit.

Das Besondere am Grünen Knopf ist aber: Er ist das erste staatliche Siegel, das nicht nur das Produkt prüft, sondern auch das Unternehmen, das dahintersteht. Das bedeutet: Ein Unternehmen, das nur eine grüne Alibi-Kollektion auf den Markt wirft, die Menschenrechte aber sonst mit Füßen tritt, hat keine Chance. Unabhängige Prüfer wie der TÜV kontrollieren, dass die Kriterien auch eingehalten werden. So schieben wir Greenwashing einen Riegel vor.

Das Siegel hat im Vorfeld viel Kritik ausgelöst. Bezweifelt wird beispielsweise, ob in der gesamten Lieferkette hohe soziale und ökologische Standards gewährleistet und kontrolliert werden können. Es wurden gesetzlich verankerte Standards angemahnt. Was antworten Sie den Kritikern?

Wir erfahren sehr viel Zuspruch. Wir stehen mit der Zivilgesellschaft in einem engen Austausch, die Verbraucherzentrale äußert sich unterstützend, und mehrere Dutzend Unternehmen haben eine Prüfung beantragt. Das zeigt mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Kritik wird es aber auch immer geben: Denn einigen gehen wir zu weit, den anderen nicht weit genug. Wichtig ist aber, dass wir uns auf den Weg gemacht haben. Darum fangen wir mit den wichtigsten Produktionsschritten in der Lieferkette an und konzentrieren uns auf die Nähereien und Färbereien. Denn dort sind die Arbeits- und Umweltbedingungen besonders problematisch. In Entwicklungsländern bedeutet das oft 16-Stunden-Schichten in stickigen Fabriken, Kündigung bei Schwangerschaft, keine Schutzbekleidung beim Einsatz giftiger Chemikalien.

Unser Ziel ist aber: Der Schutz von Mensch und Umwelt in der gesamten Lieferkette. Deswegen wird der Grüne Knopf in den kommenden Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Ein unabhängiger Beirat wird uns dabei unterstützen.

Welche weiteren Aktivitäten planen Sie?

Im Textilbündnis haben wir für dieses Jahr das Thema existenzsichernde Löhne als Schwerpunkt gesetzt. Das bedeutet, dass alle Mitglieder Maßnahmen in diesem Bereich umsetzen müssen.

Aber auch das Thema Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit zählt zu den wichtigen. Die Zustände in den Produktionsstätten in anderen Teilen der Welt können uns nicht egal sein, denn wir sind durch den globalen Handel und unseren Konsum miteinander verbunden. Wenn wir nur billig und schnell konsumieren wollen, dann hat das einen sehr hohen Preis, auch wenn wir ihn nicht sehen. Viel zu oft zahlen diesen Preis Menschen oder gar Kinder, die in Entwicklungsländern unter ausbeuterischen Bedingungen für uns schuften, statt in die Schule zu gehen. Es kann nicht sein, dass soziale und ökologische Mindeststandards, die für uns selbstverständlich sind, für sie nicht gelten.

Was wünschen Sie sich von den Unternehmen der Textilwirtschaft und von den Verbrauchern und Verbraucherinnen in Bezug auf faire Kleidung?

Wir sollten die Kleidung, die wir tragen, und die Menschen, die sie hergestellt haben, mehr wertschätzen. Denn am Anfang eines jeden Produktes steht ein Mensch, der von seiner Arbeit in Würde leben können muss. Die Arbeitsrechte, die wir in Deutschland vor Jahrzehnten erkämpft haben, sollten wir daher auch Menschen in Entwicklungsländern zugestehen. Viele Unternehmen machen das bereits. Sie zeigen: Nachhaltige Mode ist möglich. Und diese Kleidung werden Sie bald am Grünen Knopf erkennen können.  

Aktuelle Informationen zum Grünen Knopf.         

Interview: Eva-Maria Gras
aus: KDFB engagiert 8+9/2019

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