Steinmeier für verpflichtenden Sozialdienst
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erneut für die Einführung einer sozialen Pflichtzeit geworben und die gesellschaftliche Bedeutung eines solchen Vorhabens betont. „Eine soziale Pflichtzeit könnte dazu beitragen, dass wir uns – mindestens einmal im Leben – für einen Zeitraum Menschen widmen, mit denen wir im Alltag sonst wenig zu tun haben“, sagte er am Dienstag bei einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, sprach sich gegen eine Pflichtzeit aus.
Individualisierter Gesellschaft fehlt Gemeinsinn
Steinmeier warnte vor den Gefahren, die eine zunehmend individualisierte Gesellschaft mit sich bringe. Wenn soziale Bindungen verloren gingen und Menschen sich in ihre „Blasen“ zurückzögen, drohten Mitgefühl und Verständnis füreinander zu schwinden. Zwar bleibe das Ehrenamt weiterhin das Rückgrat der Gesellschaft, aber die Ehrenämter verteilten sich aufgrund der alternden Gesellschaft auf immer weniger Schultern, gab Steinmeier zu bedenken. Viele junge Menschen engagieren sich demnach zwar, aber viele von ihnen tun das lieber „projektbezogen und punktuell“ als in den auf Dauer angelegten Organisationen, den klassischen Vereinen und Verbänden. Steinmeier sieht in der Pflichtzeit eine Chance, den Gemeinsinn zu stärken und Menschen dazu zu ermutigen, über den eigenen Tellerrand zu schauen. „Mithelfen und Mitgestalten sollten Normalität für alle sein“, forderte er.
Caritas kritisiert Einsparungen
Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, kritisierte, dass die Struktur der Freiwilligendienste gegenwärtig vor allem durch drohende Haushaltsrestriktionen gefährdet sei. „Was mich aufregt, ist, dass wir in einem mehrjährigen Dialog über Pflichtzeit sprechen, gleichzeitig aber zulassen, dass das wunderbare System der Freiwilligendienste schlicht kaputtgespart wird“, sagte sie. Der Entwurf des Bundeshaushalts 2025 sieht im Vergleich zu 2024 für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und den Bundesfreiwilligendienst (BFD) Mittelkürzungen von zwölf Prozent vor. Der Haushalt ist aufgrund des Zusammenbruchs der Ampelregierung bisher nicht beschlossen worden. Welskop-Deffaa sprach sich klar gegen die Einführung einer sozialen Pflichtzeit aus. Sie erinnerte daran, dass in Deutschland das Prinzip der Freiwilligkeit bei staatsbürgerlicher Verantwortung gelte. Deshalb gebe es auch keine Wahlpflicht, sondern ein Wahlrecht.
ko/epd