Katholik*innen wählten Union

Friedrich Merz, CDU
Die Konfession hat deutliche Auswirkungen auf das Wahlverhalten. Katholik*innen stimmen deutlich häufiger für die Union, Protestanten liegen im Schnitt. Katholikinnen und Katholiken haben bei der Bundestagswahl anders gewählt als die Gesamtbevölkerung. Das zeigen Daten der Forschungsgruppe Wahlen. So erreichten CDU/CSU bei Katholiken 39 Prozent, kamen insgesamt aber nur auf 28,5 Prozent. Bei den Protestanten deckte sich das Unionsergebnis mit 29 Prozent nahezu mit dem tatsächlichen Ergebnis. Von den Wählern ohne christliche Konfession stimmten 22 Prozent für die Union.
Konfessionslose sind stärkste AFD-Wähler
Die AfD kam demnach unter Katholiken auf 18 Prozent, unter Protestanten auf 20 Prozent und unter Konfessionslosen auf 24 Prozent. In der Gesamtbevölkerung lag das Ergebnis der in Teilen rechtsextremen Partei bei 20,8 Prozent. Bei den Protestanten schnitt die SPD mit 20 Prozent besser ab als in der Gesamtbevölkerung mit 16,4 Prozent. Bei den Katholiken erhielt die bisherige Kanzlerpartei nur 15 Prozent, unter Konfessionslosen waren es 14 Prozent. Die Linke, die mit 8,8 Prozent wieder in den Bundes tag einzog, erhielt von christlichen Wählern weniger Rückhalt: Unter Katholiken machten nur 5 Prozent ihr Kreuz bei Internet der Partei, unter Protestanten waren es 7 Prozent. Hingegen machten 12 Prozent der konfessionslosen Wähler ihr Kreuz bei der Linken. Inzwischen gehört nur noch weniger als jeder zweite Bundesbürger einer beiden großen christlichen Kirchen an. 24 Prozent sind katholisch, 22 Prozent evangelisch.
Für die Hochrechnung befragten die Statistiker am Wahlsonntag bundesweit rund 49 500 Wähler und Wählerinnen, nachdem sie ihre Stimme abgegeben hatten. Die Befragten gaben an, ob sie katholisch, evangelisch oder ohne christliche Konfession sind. Bei den Grünen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den beiden Konfessionen, die Partei kam jeweils auf 11 Prozent, was nah am Wahlergebnis von 11,6 Prozent lag. Unter Konfessionslosen waren es 14 Prozent. Die FDP kam auf 5 beziehungsweise 4 Prozent in den drei Wählergruppen, bei 4,3 Prozent der gesamten Stimmen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das mit 4,97 Prozent äußerst knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, kam unter Katholiken auf 3, unter Protestanten auf 4 und unter Konfessionslosen auf 6 Prozent.
Friedrich Merz in Sorge über AFD-Erstarken
Merz beklagt Erstarken von AfD auch in katholischen Wahlkreisen. Der voraussichtliche Kanzler Friedrich Merz sieht eine wachsende Zustimmung für die AfD auch in klassischen Hochburgen der Union mit großer Sorge. Das gelte nicht nur für die CSU in Bayern, sondern auch für die katholischen, westfälischen, rheinischen Wahlkreise, so Merz . Dort habe es bis lang immer einen relativ großen Abstand zur AfD gegeben. Auch der ist kleiner geworden, so Merz. Die kommende Bundesregierung müsse daher die Probleme des Landes lösen. Die AfD sei nicht an der Lösung der Probleme interessiert. Die AfD lebt von den Problemen und der Übertreibung der Beschreibung der Probleme medial und tatsächlich, so Merz weiter. Er setze darauf, dass die SPD das angesichts der Krise, in der sich die Partei befinde, erkenne. Ich habe als Demokrat kein Interesse daran, dass die SPD zerstört wird, betonte Merz. Es brauche eine starke sozial demokratische Partei. Deren Aufgabe sei es von links zur politischen Mitte zu integrieren, während die Union von rechts zur politschen Mitte integrieren müsse.
Kirchen warnen vor Spaltung der Gesellschaft
Die Kirchen in Deutschland rufen nach der Bundestagswahl die Parteien der demokratischen Mitte auf, rasch gemeinsame Lösungen zu finden. Die Spitzen der katholischen und der evangelischen Kirche, Georg Bätzing und Kirsten Fehrs, betonen die Notwendigkeit, nach dem emotional aufgeladenen Wahlkampf nun zukunftsorientiert und besonnen zu handeln. Sie fordern die Parteien auf, die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, äußerte sich erschrocken über den Wahlerfolg der AfD.
„Der Wahlkampf ist vorüber, jetzt muss gehandelt werden“, forderte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Bätzing. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Hamburger Bischöfin Fehrs, sagte, die Tage und Wochen vor der Wahl seien geprägt gewesen von stark emotionalisierten Debatten, die die gesellschaftliche Stimmung aufgeheizt hätten. Jetzt stünden die Parteien vor der Aufgabe, mit diesem „Wahlergebnis konstruktiv und verantwortungsvoll umzugehen“, erklärte Fehrs am Sonntagabend.
Der Limburger Bischof Bätzing sagte: „Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler will eine Stärkung der demokratischen Mitte, was sich am Wahlergebnis zeigt. Ich hoffe, dass wir jetzt zügig eine stabile Regierung bekommen, die die Probleme anpackt.“ Extremistische Kräfte und solche, die trotz des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine mit Russland sympathisieren, dürften nicht den Ton angeben.
Die EKD-Ratsvorsitzende Fehrs äußerte sich sehr besorgt darüber, dass extremistische Positionen größere Zustimmung gefunden haben als bei vorhergehenden Wahlen. Völkische Parolen und menschenverachtende Haltungen seien mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar.
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, gratulierte der Union und ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) zum Wahlsieg: „In Zeiten einer besorgniserregenden Fragmentierung der Gesellschaft braucht Deutschland jetzt einen Kanzler, der eint. Der europäisch denkt. Und der einem vielfältigen Land mit großen Herausforderungen Hoffnung gibt.“
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, es müsse alle umtreiben, „dass ein Fünftel der deutschen Wähler einer mindestens in Teilen rechtsextremistischen Partei ihre Stimme gibt, die sprachlich und ideologisch offen Verbindungen zum Rechtsradikalismus und Neo-Nazismus sucht, mit den Ängsten der Menschen spielt und ihnen nur scheinbare Lösungen anbietet“.
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