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Gewalt gegen Frauen hat zugenommen

Foto: www.domladen.bistum-passau.de

20.11.2024

Fast jeden Tag wird eine Frau oder ein Mädchen getötet. Erstmals legt das Bundeskriminalamt (BKA) eine eigene Auswertung zu frauenfeindlichen Straftaten vor. Die traurige Bilanz: Gewalt gegen Frauen hat fast überall zugenommen.  So wurden 2023 rund 180 000 Mädchen und Frauen Opfer von häuslicher Gewalt, 17 Prozent mehr als 2019.

Sexualstraftaten nehmen zu

Bei Sexualstraftaten betrug der Anstieg im selben Zeitraum 27 Prozent auf zuletzt rund 52 000 Opfer. Davon waren mehr als die Hälfte jünger als 18 Jahre. Laut der Auswertung sind in fast allen betrachteten Bereichen in den vergangenen fünf Jahren deutlich mehr Fälle erfasst worden. Lediglich beim Menschenhandel seien die Opferzahlen in diesem Zeitraum auf gleichbleibendem Niveau geblieben. Tatverdächtig seien insgesamt meist Männer.

Straftaten im Internet

Zunehmend würden sich Straftaten auf den digitalen Raum ausweiten, erklärte BKA-Vizepräsident Michael Kretschmer. Auch müsse man von einem großen Dunkelfeld ausgehen. Die Statistik bezieht sich nur auf die Fälle, die Polizei oder Staatsanwaltschaft bekannt geworden sind. Für März werden Ergebnisse einer Studie zum Dunkelfeld erwartet.

Eine Erklärung für den Anstieg sieht der BKA-Bericht in „der Ablehnung von Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Geschlechter“. Der gesellschaftliche Wandel werde von Menschen, „die rigide an traditionellen Normen festhalten, als bedrohlich“ empfunden. Weiter heißt es, „die verstärkte Verbreitung von Hassbotschaften, Desinformation sowie extremistischer Ideologie und Propaganda über das Internet“ wirke auf die Wahrnehmung sozialer Normen ein. „Die Fehlwahrnehmung, dass die Ablehnung von Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Geschlechter von der Mehrheit der Gesellschaft geteilt wird, kann die Bereitschaft zu Gewalt gegen Frauen erhöhen“, heißt es.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser für Prävention

Fast jeden Tag wird in Deutschland eine Frau oder ein Mädchen getötet , sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Blick auf die erstmals umfassender erhobenen Zahlen zu Femiziden, also tödlicher Gewalt gegen Frauen aufgrund des Geschlechts. 360 Frauen und Mädchen seien 2023 deswegen getötet worden. Dass Frauen Opfer würden, weil sie Frauen seien, sei unerträglich, so Faeser. Wir müssen uns dem ganz entschieden entgegenstellen, mit allen Mitteln des Rechtsstaats, aber auch als Gesellschaft: im Netz genauso wie auf der Straße, in der Nachbarschaft, im persönlichen Umfeld, wo viele dieser Taten leider begangen werden. Faeser verwies darauf, dass es bereits eine versteckte App für Smartphones gebe, mit der Betroffene Beweise sichern und Hilfsangebote finden könnten. Auch richte die Bundespolizei rund um die Uhr besetzte Anlaufstellen an Bahnhöfen ein. Die Innenministerin spricht sich schon länger für elektronische Fußfesseln bei häuslicher Gewalt und für verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für Männer aus. So könne man die Internet Gewaltspirale stoppen. Die Täter müssen sich ändern, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen einzudämmen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus will Gewaltschutzgesetz

Gewalt gehöre für Frauen zum Alltag, in allen Schichten, beklagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Jede Gewalttat ist eine zu viel. Alle Frauen hätten das Recht auf ein sicheres und gewaltfreies Leben. Das sollte in Deutschland selbstverständlich sein, doch die Realität sei eine ganz andere. Diese Realität muss uns aufrütteln. Nötig seien Prävention, Strafverfolgung, eine klare Ächtung von Gewalt und ein einfach zugängliches Schutz- und Hilfesystem, so Paus. Bundesweit gebe es rund 350 Frauenhäuser, 100 Schutzwohnungen und mehr als 600 Beratungsstellen. Das Angebot reiche jedoch vielerorts nicht aus. Deswegen wolle sie ein Gewalthilfegesetz ins Kabinett einbringen. Es sieht unter anderem vor, dass der Bund sich ab 2027 an der Finanzierung von Frauenhäusern beteiligt. Außerdem soll es einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung geben. Paus zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz noch vor der geplanten Neuwahl des Bundestags im Februar beschlossen werden könne. Die Länder wollten es schon lange und auch der Union sei das Thema wichtig.

Eine Einigung über die Finanzierung habe man nicht mit dem bisherigen Finanzminister Christian Lindner (FDP) erzielen können, aber jetzt mit dessen Nachfolger Jörg Kukies (SPD). Für eine Mehrheit im Bundestag bräuchte es aber die Stimmen der Union. Die familienpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Silvia Breher (CDU), verwies auf einen eigenen Antrag der Union, der in eine ganz ähnliche Richtung gehe. Sie äußerte sich jedoch skeptisch, ob der Zeitraum für das Anliegen noch ausreiche. Man könne das Konzept gerne nach der Wahl beschließen.

Sozialverbände fordern Gewalthilfegesetz

Auch Caritas und der Sozialdienst katholischer Frauen sprachen sich für ein schnelles Handeln aus. Die Absicherung von Frauenhäusern sei unerlässlich, sagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Die Opfer brauchen Schutz die oft ungeheuerlichen Taten müssen gesühnt werden. Die Vorständin des Sozialdienstes forderte, die Umsetzung eines Gewalthilfegesetzes auf die Prioritätenliste zu setzen. Dieses sei ein notwendiger Schritt, um Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen und ihnen eine Perspektive zu geben. 

KDFB startet Petition zu Gewalthilfegesetz

Auf der KDFB-Bundesdelegiertenversammlung 2024 haben die Delegierten den Beschluss „Gewalt an Frauen stoppen – Femizide verhindern!“ verabschiedet. Darin fordern sie die Einführung eines bundesweit geltenden Gewalthilfegesetzes, das das Recht auf Schutz vor Gewalt für Frauen und Kinder absichert. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wurde die Einführung eines solchen Gesetzes angekündigt.

Die aktuellen politischen Entwicklungen gefährdeten nun die Umsetzung eines bundesweit geltenden Gewalthilfegesetzes. Als Mitglied im Deutschen Frauenrat und UN Women Deutschland  unterstützt der KDFB den Brandbrief, den diese beiden Organisationen an die Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Jörg Kukies gerichtet haben. Unter dem Titel „Stoppt Gewalt gegen Frauen – JETZT! Die Ampel darf ihr Versprechen nicht brechen“ werden darin die politisch Verantwortlichen aufgefordert, ihre Verantwortung ernst zu nehmen und das angekündigte Gewalthilfegesetz zu verabschieden.  

Der KDFB hat den Brandbrief unterzeichnet und lädt ein, sich dieser wichtigen Initiative anzuschließen. Am 25. November – dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen – werden die Unterschriften des Brandbriefs an die frauenpolitischen Abgeordneten übergeben.

So können Sie unterstützen:

Unterschreiben Sie die Petition zum Brandbrief: Werden Sie Unterstützerin und fordern auch Sie, dass ein flächendeckendes Gewalthilfegesetz eingeführt wird.

Teilen Sie den Link: Ermutigen Sie auch die Menschen in Ihrem Umfeld, die Petition zu unterschreiben und sich für den Schutz vor Gewalt stark zu machen.

Hier geht’s zur Petition: Petition zum Gewalthilfegesetz unterzeichnen

Jede Unterschrift zählt – lassen Sie uns gemeinsam noch mehr Menschen mobilisieren. Danke für Ihr Engagement und Ihre Unterstützung!

ko/kna/epd

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist ein unabhängiger Frauenverband mit bundesweit 145.000 Mitgliedern. Seit der Gründung 1903 setzt er sich für Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein.
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