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Lohngerechtigkeit

KDFB-Vizepräsidentin Marianne Bäumler Foto: privat

25.02.2019

Marianne Bäumler ist KDFB-Vizepräsidentin und im Bundesvorstand für die Gesellschaftspolitik zuständig. Sie fordert nicht nur faire Löhne, sondern auch eine gerechte Verteilung von Sorgearbeit.

KDFB Engagiert: Frauen verdienen im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer und im Alter sind sie von Armut bedroht. Wie kommt es dazu?

Marianne Bäumler: Die Ursachen sind leider vielfältig und miteinander verwoben. Da ist zum einen die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu nennen. Frauen sind häufiger in Berufsbranchen mit niedrigen oder mittleren Lohn- und Gehaltsstrukturen vertreten und sie arbeiten hier oftmals eher in Teilzeit. Auch sind sie im Vergleich zu Männern weniger in Leitungs- und Führungspositionen vertreten, obwohl sie bestens ausgebildet sind und über vielfältige Kompetenzen verfügen.  Dies geschieht natürlich nicht, weil alle Frauen das so lieber wollen. Gerade mit Blick auf den Beschäftigungsumfang wissen wir, dass viele Frauen lieber mehr arbeiten möchten. So wie viele Männer ihre Arbeitszeit gerne reduzieren würden. Es geht also um handfeste Gründe, die in den derzeitigen strukturellen gesellschaftlichen Bedingungen liegen. Dazu gehört etwa die Ausgestaltung des Steuerrechtes, das aus Sicht des Frauenbundes für die Aufnahme einer Erwerbsarbeit von verheirateten Müttern eher hinderlich ist. („Steuerklasse V“) Und nicht zuletzt ist der weiterhin bestehende Mangel von qualitativ hochwertigen, wohnortnahen und flexiblen Angeboten für die Betreuung von Kindern oder von pflegebedürftigen Menschen zu nennen.

KDFB Engagiert: Was fordert der KDFB in Hinblick auf Lohngerechtigkeit und geschlechtergerechte Alterssicherung?

Marianne Bäumler: Als Erstes fordern wir ganz klar, dass es beides geben muss! Das politische und betriebliche Bewusstsein für diese Notwendigkeit hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Aber mitunter gilt es ja noch immer, dicke Bretter zu bohren. Die maßgebliche Stellschraube für eine geschlechtergerechte Alterssicherung liegt auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeit von Frauen muss denselben Wert haben wie die Arbeit von Männern. Wer weniger verdient oder seine Berufstätigkeit für Sorgearbeit unterbricht oder reduziert, bekommt später auch weniger Rente. Wir fordern die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern für gleiche und vor allem auch für gleichwertige Arbeit. Denn von Frauen ausgeübte Tätigkeiten werden häufig schlechter als die von Männern geleisteten Tätigkeiten bewertet. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Heben schwerer Lasten. (Lagerarbeiter/Altenpflegerin) Auch müssen Branchen wie die Pflege- und Sozialberufe, in denen vornehmlich Frauen arbeiten, deutlich besser entlohnt werden. Als Verband von Frauen aller Generationen ist für uns aber auch klar: Frauen (und Männer) müssen im Verlauf ihres Lebens auch Zeit für die Übernahme von Sorgearbeit oder gesellschaftliches Engagement haben, ohne dafür – wie leider bislang – ein erhöhtes Altersarmutsrisiko zu haben. Deswegen ist für den KDFB die bessere Anerkennung von Erziehungs- oder Pflegezeiten in der Rente einen ebenso zentrale Forderung. Und nicht zuletzt braucht es nach wie vor weitere Programme zur besseren Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit oder zum Wiedereinstieg in den Beruf.

KDFB Engagiert: Was hat der KDFB zum Thema Lohngerechtigkeit bisher erreicht?

Marianne Bäumler: Hier möchte ich insbesondere die Einführung des Entgelttransparenzgesetzes, das bereits seit Juli 2017 in Kraft ist sowie das seit Jahresbeginn geltende Gesetz zur Brückenteilzeit nennen. Beiden Gesetzen ging eine teils jahrelange, beharrliche politische Arbeit von frauen- und gleichstellungsorientierten Verbänden und Organisationen sowie Fachinstitutionen voraus. Beide Gesetze halte ich für sehr wichtig; sie haben eine echte Signalwirkung in gesellschaftspolitischer Hinsicht. Ohne Zweifel gibt es berechtigte Kritik an der Reichweite beider Gesetze. So hätten wir uns gewünscht, dass auch mittlere Betriebe in den Geltungsbereich fallen, damit mehr Branchen und Unternehmen, in denen Frauen arbeiten, erreicht werden. Und wir werden nun natürlich genau auf die Umsetzung schauen. Doch beide Gesetze sind Meilensteine in der Gleichstellungpolitik. Aber noch etwas haben wir erreicht: Der Equal Pay Day – noch vor Jahren als unaussprechliches Fremdwort abgetan- ist durch das große Engagement unzähliger Frauenbundgruppen zu einem festen Termin im verbandlichen Leben und einer breiten Öffentlichkeit geworden. An dem kommt man nicht mehr vorbei.

KDFB Engagiert: Wie bringt der KDFB seine Forderungen in die politische Debatte ein?

Marianne Bäumler: Der KDFB ist ja bereits seit seiner Gründung sehr stark politisch orientiert gewesen. Das merkt man unserem Verband, wie ich finde, bei Veranstaltungen und öffentlichen Aktionen, bis heute an. Auf der Ebene des Bundesverbandes meldet sich der KDFB mit Pressemitteilungen sowie auf den sozialen Medien zu aktuellen Anlässen zu Wort. Unsere Verbandsbeschlüsse und Forderungen richten wir direkt an die zuständigen Politikerinnen und Politiker oder bringen sie als Stellungnahmen in die Parlaments- und Ausschusssitzungen ein. Auch nehmen Vertreterinnen des KDFB als Sachverständige an Ausschusssitzungen teil. Die Vorsitzende der Gesellschaftspolitischen Kommission des KDFB, Monika Arzberger, hat dies zum Beispiel bei der Anhörung zum Entgelttransparenzgesetz getan. Wichtig ist auch hier, dass man sich zusammen tut und als starke Organisation wahrgenommen wird; dazu kooperieren wir auch mit anderen (katholischen) Frauenverbänden bei Kampagnen, Veranstaltungen oder Positionspapieren. Wir haben uns in unserem Verband schlagkräftige Strukturen aufgebaut mit Referentinnen und Kommissionen, die es uns ermöglichen, fachlich auf Augenhöhe mit allen Experten im politischen und auch im kirchlichen Bereich zu diskutieren. Nur mit Unterstützung einer gut aufgestellten Geschäftsstelle kann ein ehrenamtlicher Vorstand, zumal wenn man wie ich berufstätig ist, seine politische Arbeit weiterhin so gut machen und gesellschaftlich etwas in Bewegung bringen.

Interview: Karin Schott
Mehr zum Thema „Lohngerechtigkeit“ aus KDFB Engagiert 3/2019

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