Menü

Frauen und Europa

Die Europäische Union steht auch für Gleichstellung von Mann und Frau. Foto: pixabay

02.05.2019

Frauen und Männer sollen gleichberechtigt sein – nicht nur in Gesetzestexten, sondern im Lebensalltag. Diese anspruchsvolle Aufgabe hat sich die Europäische Union auf die Fahnen geschrieben. Das ist gut so, denn von diesem Ziel sind selbst die fortschrittlichsten EU-Länder noch entfernt.

Studien zeigen unmissverständlich, dass vieles im Argen liegt. Gerade im Berufsleben werden Europäerinnen nach wie vor auf Grund ihres Geschlechts benachteiligt. Obwohl besser ausgebildet, sind Frauen dort, wo es um Macht und Einfluss geht, deutlich in der Minderheit. So bekleiden sie europaweit nur etwa ein Drittel der leitenden Positionen. Und diejenigen, denen es gelingt, die Leiter im Job hochzuklettern, verdienen als Führungskraft im Schnitt 23 Prozent weniger pro Stunde als ihre männlichen Kollegen. Auf alle Branchen und Berufe ausgeweitet, klafft im EU-Durchschnitt eine Lücke von 16 Prozent zwischen dem männlichen und dem weiblichen Verdienst. Und das, obwohl sich die Union seit ihrer Entstehung dafür einsetzt, dass Frauen und Männer den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit erhalten. Bereits bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in den 1950er-Jahren wurde diese Forderung in den Römischen Verträgen festgeschrieben – aus der pragmatischen Erkenntnis heraus, dass die Wirtschaft profitiert, wenn Frauen gleichberechtigt mitwirken. So hat auch der Europäische Gerichtshof im Laufe der Jahrzehnte immer wieder Urteile gefällt, die Frauen im Beruf stärken.

Wo stehen Frauen im digitalen Zeitalter?

Nach und nach weitete die EU ihren Blick auf die gesellschaftliche Stellung der Frauen in allen Bereichen aus. Im EU-Parlament entstand der Ausschuss für die Rechte der Frau, die Europäische Frauenlobby wurde gegründet. Als Meilenstein gilt der Vertrag von Amsterdam, in dem eine umfassende Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern rechtsverbindlich wurde. Das war vor 20 Jahren. Unter dem Begriff „Gender Mainstreaming“ sind seitdem alle Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, bei ihrer Politikgestaltung stets die Geschlechtergerechtigkeit im Auge zu behalten. Im Jahr 2000 gab sich die EU eine Charta der Grundrechte, 2010 nahm das Institut für Gleichstellungsfragen seine Arbeit auf. Es gibt Aktionsprogramme, Verordnungen, Richtlinien. Die Frauensache ist auf einem guten Weg in Europa. Das Ziel aber liegt noch fern, auch wenn EU-Bürger in Umfragen mehrheitlich die Bekämpfung der Ungleichheit zwischen Frauen und Männern für wichtig halten. Immer noch werden Frauen im Beruf benachteiligt, weil sie Kinder bekommen oder ihre Eltern pflegen. Immer noch droht ihnen viel häufiger als Männern, dass die Rente im Alter nicht zum Leben reicht. Und die Zukunft? Das digitale Zeitalter scheint derzeit Männersache zu sein. Das ist besorgniserregend, denn in den nächsten Jahren werden auf dem Gebiet der neuen Technologien hunderttausende Jobs entstehen. Frauen müssen mitziehen. Was tun? Würden mehr Frauen Spitzenämter erklimmen, würden sich die männlich geprägten Strukturen wandeln, davon gehen Experten aus.

Schweden hat  47 Prozent mehr Frauen im Parlament

Im Europäischen Parlament steigt der Frauenanteil seit seiner Entstehung kontinuierlich an. Haben bei der ersten Direktwahl im Jahr 1979 Frauen 16,6 Prozent der Sitze erhalten, sind es zum jetzigen Zeitpunkt 36 Prozent. Das ist erfreulich. Aber eine Geschlechtergerechtigkeit ist damit noch nicht erreicht, zumal wichtige Entscheidungspositionen nach wie vor zumeist von Männern bekleidet werden. Der Weg ist weit, auch auf EU-Ebene. Zugleich gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Während im schwedischen Parlament 47 Prozent Frauen sitzen, sind es in Griechenland nur 19 Prozent. Und während in Frankreich etwa die Hälfte des Kabinetts weiblich ist, gibt es in Ungarn nur eine einzige Ministerin. Wenn es um Gleichberechtigung geht, ist in den Schriften der EU von Anstrengung, Kampf, von kleinen, mühsamen Schritten die Rede. Derzeit werden Rückschritte befürchtet. Rechtspopulistische Kräfte sind auf dem Vormarsch. Ihre Gedankenmuster dienen der Geschlechtergerechtigkeit nicht. Der Deutsche Frauenrat zeigt sich besorgt und ruft vor der Europawahl Parteien in Deutschland dazu auf, sich in ihren Wahlprogrammen für Frauenrechte und Gleichstellung in der EU einzusetzen. Frauenbewegungen in ganz Europa „tragen dazu bei, Solidarität und Menschenrechte in einem demokratischen Europa zu stärken“, so der Dachverband der deutschen Frauenorganisationen in seinem Appell zur Wahl.

Autorin: Maria Sileny
aus: KDFB Engagiert 5/2019 

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist ein unabhängiger Frauenverband mit bundesweit 145.000 Mitgliedern. Seit der Gründung 1903 setzt er sich für Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ein.
© 2024 | KDFB engagiert